preloder

mittlerweile

MITTLERWEILE BIN ICH AN DIESEN

ABSURDEN PUNKT GEKOMMEN,

WO ICH MICH LIEBER MIT MEINER

TRAURIGKEIT SCHLAFEN LEGE

UND MICH DARIN WELZE, ALS

MICH MIT ETWAS ANDEREM

AUSEINEINANDER ZU SETZEN.

ICH BADE LIEBER IM SELBST-

MITLEID, ALS MICH AUFZU-

MUNTERN. ICH LENKE MICH

LIEBER FÜR EIN PAAR STUNDEN

VOM SCHMERZ AB, WENN ES

ZU VIEL WIRD, ANSTATT

DAS PROBLEM SELBST ZU

BEHEBEN. ICH LEBE LIEBER

IM SELBSTHASS UND IN SELBST-

ZERSTÖRUNG ALS ZU LEBEN.

ICH STARRE LIEBER AN DIE

DECKE UND BIN TRAURIG,

ANSTATT GESUND ZU LEBEN.

ICH GEBE MEIN GLÜCK LIEBER

AUF, ANSTATT GLÜCKLICH ZU

SEIN.

04/05/20

großstadttauben

Sie humpeln mit einem oder anderthalb Füßen auf dem Betonboden und picken jeden Krümmel auf, der den Touristen runter fällt.
Vorwurfsvoll schauen sie dich an, wenn du auf deinem Handy tippst.
Ignorant fliegen sie über die Köpfe hinweg und kacken überall hin.
Gelangweilt bewegen sie sich in der Landschaft und umgehen geschickt die spitzen Zacken, auf den Oberflächen, die am Bahnhof extra für sie montiert wurden.
Vermehren sich ungalant auf Neonleuchtreklameschildern.
Sinnbild für unsere in Städten lebende Gesellschaft – kacken da, wo sie fressen, Konsum, Konsum, Konsum, werden geduldet – aber nicht toleriert, stehen im Weg, tragen nichts bei, Leben in den Tag, denken dabei nicht an Morgen, leere Augen, kühler Blick, interesseloses Auftreten, nichts ist ihnen wichtig und doch hüpfen sie manchmal auf und ab – ja kann das Freude sein?

falsche medizin

Sie sehnt sich nach Liebe.
Deswegen handelt sie nicht immer klug.
Sie zehrt sich nach Zärtlichkeit.
Schaltet Systeme aus und Naivität lässt sie handeln.
Man kann es ihr jedoch nicht verübeln.
Denn so lange wurde ihr Aufmerksamkeit verwehrt.

Jede kleine Berührung nimmt sie dankend an.
Und lässt sie in den Himmel steigen vor Glück.
Jede verwehrte Gefälligkeit schickt sie in die Hölle.
Und heilen kann sie auch kein Liebestrank.
Ihre Wunden, tief im Herzen, sind irreparabel.
Denn was sie für Liebe hält – hat mit ihr recht wenig zu tun.

Sie denke sie wisse was sie bräuchte.
Aber eigentlich hofft sie, irgendwie die Symptome zu bekämpfen, wie Müdigkeit mit Red Bull – anstatt zu schlafen oder wie ein gebrochenes Bein mit einem Fußbad oder wie leere Batterien einer Fernbedienung mit drauf hauen – anstatt sie zu wechseln. (Der Unterschied ist nur, dass ein Wieder-gesund-werden bei ihr nicht einfach so geht.)
Und doch fragt sie nach tausend Küssen und unzähligen Umarmungen für das verkrüppelte Herz in ihrer Brust.

fensterschauen


Nachmittags, wenn alle Kinder mit ihren großen Rucksäcken von der Schule
Nach Hause schlendern und dabei laut lachen,
Stehst du am offenen Fenster, mit Kissen unter den Ellbogen und schaust.
Schaust, wie die Leute von der Arbeit kommen, wie sie einkaufen gehen,
Wie sie sich unterhalten und du selbst –
Schweigst und schaust.

Jeden Tag siehst du ungefähr das selbe. Nur ab und zu passiert etwas
Unvorhergesehenes und davon lebst du. –
Deine Wohnung interessiert dich nicht.
Dein Leben interessiert dich nicht.
Dich interessieren nur die Menschen, die an deinem Fenster vorbeikommen.
Aber eigentlich auch nicht so wirklich –
Es interessiert dich nicht, ob sie glücklich sind oder ob sie morgen sterben.
Es interessiert dich nur, dass du was zum schauen hast.

Jemand fällt, jemand spricht, jemand tanzt, jemand streitet, jemand verschüttet etwas.
Jemand fährt vorbei, jemand malt, jemand geht vorbei, jemand sitzt, jemand schreibt.
Jemand beobachtet (dich), jemand humpelt, jemand musiziert, jemand applaudiert.
Jemand spielt, jemand trinkt, jemand isst, jemand bellt, jemand putzt sich die Nase.
Jemand niest – Gesundheit!

Manchmal grüne Gräser, bunte Blumen, singende Vögel, ein Eiswagen, Flip-Flop-Geräusche, Tauben, Löwenzahn, dann Pusteblumen, Blüten an den Bäumen, dann Blätter, erst grün, dann orange, rot, lila, gelb und braun.
Es fällt dir auf wenn sich die Welt ändert, wenn die Jahreszeiten vergehen, aber auch nicht wirklich. Es fällt dir auf, aber du empfindest nichts.
Du empfindest schon lange nichts mehr.
Keine Freude, keine Trauer, keine Wut, kein Ekel, kein Frust, keine Ruhe, keine Euphorie, keinen Zorn, keine Geduld, keine Ungeduld, kein gar nichts.

Dich kommt schon lange keiner mehr mehr besuchen. Das einzige, was du noch hast, ist dein Fenster – es ist dein bester Freund und dein schlimmster Feind.
Glücklich bist du damit nicht,
aber wenigstens hast du noch was zum schauen.
Du siehst die graue Straße, die grauen Autos, die grauen Pullover, die grauen Mäntel und Taschen, die grauen Gebäude gegenüber. –
Du schaust in eine graue Welt
Und trotzdem bist du zufrieden,
Weil du wenigstens was zu schauen hast
Was dich löst von deinem grauen Geist.

stadtwald

Träumend durch die Stadt gehen, als wäre es ein Wald.
Denkend schlendern als wäre man am Träumen.
Nichts mehr mitbekommen, als wäre man wo anders.
Als wäre man nicht anwesend, sondern körperlich in Gedanken.

Auch wenn es Frühling ist, fallen sie vom Himmel, wie im Herbst.
Du fragst dich was in deinem Leben wichtig ist.
Ob irgendwas was du tust wichtig ist. –
Was davon wichtig ist.
Du gehst alles Schritt für Schritt in deinem Kopf ab.
Und am Ende weißt du gar nicht.

Kennst du das, wenn du im Tunnel bist und eigentlich gar nichts mehr mitbekommst, komplett abwesend bist und alles was du in dem Moment tust automatisch abläuft, aber gleichzeitig bekommst du alles mit, siehst jedes Detail, jede noch so kleine Kleinigkeit, jedes Blatt was vom Baum fällt, jeden Menschen, jeden Schatten, jedes Auto, jeden Hund, alles was sich bewegt – du bist so aufmerksam wie noch nie in deinem Leben, aber gleichzeitig doch so unendlich fern von der Gegenwart.

Und die Gedanken fließen schneller als jedes Licht durch Glasfaserkabel.
Du weißt nicht mehr wo du bist.
Du weißt nicht mehr wohin du willst.
Du weißt nicht mehr.

Du versuchst den Dingen einen Namen zu geben. –
Die eigentlich keinen Namen haben.
Wer bist du das du denkst.
Ich denke also bin ich.

Du starrst durch alles durch, durch die Bahn, durch den Tunnel, durch die Leute durch, durch den Baum, durch die Luft.
Du siehst keine Erleuchtung, kein Licht, kein Ahhh!, kein achso.

Du würdest dich einfach gerne auf den Boden setzten, alle um dich herum zusammenrufen und ihnen erzählen, was gerade so in dir vor geht und sie fragen, ob sie es auch sehen. Würdest gerne ihre Meinung hören, würdest gerne ihre Ohren in Anspruch nehmen, würdest dich gerne nach hinten fallen lassen und laut lachen und die Leute um dich mit dir.

Städtisch durch den Traum gehen, als wäre er real.