preloder

krimi zwischendurch – kapitel 7: weißer schnee auf schwarzem untergrund

„Aber wie? Wie kann das sein? Und was hat das zu bedeuten?“, stammelte sie.
„Die Ergebnisse kamen heute morgen rein, wurden zweimal überprüft, Karsten hat mich sofort angerufen und seitdem sitze ich hier und drehe mich auf meinem Stuhl und weiß nicht mehr weiter.“
„Aber du hast ihn doch im Wald, beim Verbrennen, auf frischer Tat … er hat doch alles gestanden…“, man sah förmlich die Fragezeichen im Olimpias Augen wachsen, „aber… wir hatten ihn doch.“
„Ich werde ihn gleich nochmal befragen, ich warte nur noch auf die Rückmeldung von seinem Anwalt. Kommst du mit?“, Limpa reagierte nicht, „Ob du mitkommst?“, wiederholte sie.
„Was?“, Limpa erschrickt.
„Ich frage ob du mitkommst ins Gefängnis, um Kurat zu befragen.“
„Ja natürlich. Entschuldige mich.. ich .. ich bin nur…“
„Ja ich weiß. Ich auch.“

Valerie und Olimpia saßen in einem muffigen, kleinen Raum in der JVA Köln, gegenüber der Anwalt von Kurat – er selbst wurde erst später rein gebracht. Er grinste übers ganze Gesicht.
„Du weißt warum wir hier sind?“, fragte Olimpia.
„Guten Morgen Kommissarin Topika, ich freue mich sehr sie Wiedersehen zu können. Ich wollte ihnen eigentlich schon viel früher zu ihrer gelungenen Arbeit gratulieren, aber man ließ mich nicht, wie sie sicher wissen.“, er strahlte sie an.
„Was bist du? Ein Trittbrettfahrer oder ein geisteskranker Fan oder sein Komplize? Was bist du?“, Valerie war bestimmt und laut und deutlich.
Sein Grinsen wurde breiter: „Ich frage mich, was die Presse schreiben wird, wenn sie raus finden, dass ich gar nicht ihr Liebling bin.“
„Beantworte die Frage!“, Valeries linkes Auge zuckte.
„Alles mit der Ruhe. Haben wir etwa nicht genug Zeit? Ich wollte doch noch so gerne mit ihnen plaudern, Kommissarin Topika. Verraten sie mir, wie sie hinter den Platz im Wald gekommen sind? Vielleicht kann ich ja noch was von ihnen lernen.“
„Arbeitest du mit ihm zusammen?“, hackte sie nach.
„Aber diesen Meistertrick haben sie doch sicher nicht alleine geschafft oder etwa doch?“, kurzes Schweigen, „Und wie ihre Kollegen mich auf dem Weg vom Wald zum Auto eskortiert haben – das war schon sexy. Geben sie das auch den Beamten weiter. Die haben alle tolle Arbeit geleistet.“
„Du willst es also nicht auf die nette Tour?! Behinderung der Justiz, sich unter falschen Identität ausgeben, Mithilfe, Vertuschung, Deckung eines Kriminellen, vielleicht sogar Mord. Du wird für eine sehr lange Zeit hinter Gitter kommen, wenn du nicht schleunigst deine kooperative Seite zeigst, Kurat. Vor allem wie ist eigentlich dein wirklicher Name? Den wissen wir immer noch nicht.“, Valerie lehnte sich bei jedem Wort weiter nach vorne über den Tisch.
„Warten sie – und sie können meine Strafe mildern? Kann sie meine Strafe mildern?“, er drehte sich zu seinem Anwalt. Der schmunzelte und schüttelte ganz leicht den Kopf.
„Kann sie also nicht…“, er wirkte keineswegs enttäuscht.
„Nicht auf direktem Wege, aber wir können was aushandeln.“, unterbrach Limpa ihn.
„Wir sind in keinem billigen Ami-Krimi, meine Damen – ohne Beweise ihrerseits sage ich nichts.“
„Wer gibt mir die Garantie, dass du dann was sagen wirst, wenn du überhaupt etwas weißt?“, Valerie lehnte sich im Stuhl zurück und guckte kurz zu Limpa, deren Augen flackerhaft hin und her sprangen.
„Richtig Kommissarin Topika, die Garantie kann ihnen keiner geben, es geht um vertrauen.“, er grinste und blickte zum Anwalt rüber, der ihm deutete dieses sein zu lassen, „Entschuldigt mich, vielleicht bin ich ja auch zu gut drauf. Euch ist wahrscheinlich nicht nach lachen zu mute.“
„Ich frage dich ein letztes mal! Was bist du? Wer bist du? Kennst du den unsichtbaren Kölner?“, Valerie machte unter dem Tisch eine Faust und presste sie fester und fester zusammen.
Er lachte lautlos.

Es gab keine bunten Farben mehr. Weißer Schnee auf schwarzem Untergrund. Erschöpft und immer noch verwirrt kam Limpa nach dem misslungenen Verhör nach Hause. Adam war zur Abwechslung nicht da. Sie betrat das Wohnzimmer und mitten im Raum stand seine Staffelei, mit einem noch nicht fertigen Bild darauf. Olimpia trat näher und betrachtete es für einige Sekunden, sie erinnerte sich, dass Adam immer vom Licht sprach, wenn man malt oder sich das Bild auch einfach nur anschaut. Sie schaltete die Deckenlampen aus und ließ das natürliche Tageslicht, wovon nicht mehr viel übrig war, das Bild ausleuchten. Es wirkte düster und nachdenklich. Abgebildet war der Blick aus dem Wohnzimmer; der Wald hinten und das karge, trostlose Feld vor dem Haus. Die Farben die er benutze, die harte, zackige Technik, die er verwendete, ließen Limpa schließen, dass irgendwas nicht stimmte. Der schwarze, unfruchtbare Boden, der kaputte, zerrüttete, dunkelbraune, fast schwarze Zaun, am Ende des Felds, der tief-dunkelgrüne Tannenwald ganz hinten; der Pinsel wurde bei jedem Strich fest aufgedrückt, doch mit dem Finger etwas verwischt, sodass es gleichzeitig verschwommen aussah. Der Himmel, welcher nur einen Bruchteil des Bilds stellte, war zwar im Vergleich zum Rest der Farben hell aber dennoch wirkte dieser dreckig – ein dreckiges, modriges durchgängiges grau. Als wären die Farben die unten benutzt worden sind, nicht vom Pinsel abgewaschen worden und sind auf den Himmel übergegangen. Der Himmel wirkte so, als wäre er zum Schluss gemalt worden, unordentlich oben drüber gepinselt, damit es zu einem Ganzen wird.

Wie lange kann ich mich noch verstecken? Wie lange kann ich mich noch unter Kontrolle halten? Mein Platz im Wald haben sie schon, ich muss mir irgendwas anderes suchen, wo ich meiner Obsession nach kommen kann. Doch werden sie mich auch dieses mal finden? Nein, das werden sie nicht. Ich muss mir was konsequenteres einfallen lassen, sie sollen den unsichtbaren Kölner vergessen. Aber ich muss wieder anfangen, ich kann das Verlangen nicht mehr kontrollieren, nicht mehr in anderes kanalisieren. – Vor allem will ich das auch gar nicht mehr. Ich will mich nicht mit irgendwelchen Belanglosigkeiten zufrieden geben, wenn ich doch so ein Verlangen habe, welches ich ausleben sollte. Die Stimmen in meinem Kopf lassen mich nicht mehr in Ruhe. Sie sagen mir, ich soll wieder auf die Piste – aber es ist noch nicht sicher, sage ich ihnen und sie sagen, es wäre egal. Ich muss hier erst mal weg. Dieser Alltag macht mich noch wahnsinnig.

„Valerie was ist?“, sie seufzte.
„Freut mich auch von dir zu hören Olimpia.“
„Ich dachte nur vielleicht ist schon wieder was passiert.“
„Nicht direkt.“, Valerie zögerte.
Limpa setzte sich mit dem Handy auf das Sofa.
„Mach kein Geheimnis daraus.“
„Na die Presse fragt nach Neuigkeiten, weil seit zwei Tagen nichts mehr kam.“
„Die Presse ist mein geringstes Problem. Wir sagen erst mal nichts. Wir haben auch erst mal nichts. Wir wissen doch selber nicht was das alles zu bedeuten hat. Und solange wir nichts genaues wissen, braucht die Presse erst recht nichts zu berichten. Sonst werden sie in ihrer Annahme nur noch bestärkt.“
„Welche Annahme?“
„Dass wir unfähig sind. Die unfähigen, kölner Beamten, schrieb der Kölner Stadtanzeiger.“
„Papalapap. Gut, ich sag dann.. was sage ich denen?“
„Gar nichts – keine Antwort.“
„Fühlt sich irgendwie falsch an.“, gab Valerie leise von sich.
Adam kam rein.
„Sollen die Leute wieder Panik bekommen?“, rief sie fast in den Hörer.
Adam wirkte überrascht und hauchte ‚Panik?‘, Limpa schüttelte nur mit dem Kopf und winkte ab.
„Gut, ich muss jetzt auflegen. Adam ist da. Wir sehen uns morgen. Geh nach Hause Valerie. Ruh dich ein paar Stunden aus.“

Limpa drehte sich um, da stand Adam schon hinter seiner Staffelei und malte wieder.
„Du hast freiwillig das Haus verlassen?“
„Ich war spazieren.“, antwortete er.
„Spazieren?! Du?! Du warst spazieren?!“, Limpa konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Ja, lass mich doch!“
„Ich lasse dich sehr gerne, aber trotzdem.“
„Auch ein Künstler von Gott braucht Inspiration.“
Limpa ging zu ihm und wollte ihn küssen, doch er malte einfach weiter. Ignorierte sie einfach, er war wieder im Tunnel. So ging das die nächsten Tage weiter: Er hing an diesem Bild, tagelang und bekam es nicht fertig, fügte mehr und mehr Details hinzu, war nie Zufrieden. Einmal erwischte Limpa Adam am offenen Fenster, in den Händen das Bild, er drohte es jede Sekunde fallen zu lassen. Die Vernissage im Haus musste verschoben werden. Limpa fragte ihn andauernd, was es mit diesem sonderbaren Bild auf sich hat, aber Adam schwieg, so wie auch sonst immer, wenn Limpa ihn etwas fragte. Er redete kaum noch. Malte nur noch an dem Bild, wobei man das nur noch schwer malen nennen konnte: er stand stundenlang davor, bewegte sich nicht, starrte es an und irgendwann nahm er seinen Pinsel in die Hand, tauchte ihn in Farbe und stand wieder eine ganze Weile regungslos da, bis er sich schließlich überwinden konnte einen Strich zu setzten, fluchte dann, weil es schlecht geworden ist und dann fängt alles wieder von vorne an. Limpa wurde ja gewarnt, dass es mit einem Künstler nie einfach ist – aber an so was hat sie nicht im entferntesten gedacht. Wenn Limpa ihn auf die Situation ansprach sagte er nur: „Siehst du nicht was ich mache ? Ich male, also störe mich nicht. Und mach die Tür zu wenn du gehst!“
Neuerdings malte er nicht mehr im Wohnzimmer, sondern in seinem Kunst/Galeriezimmer (was er normalerweise nutzte um seine fertigen Bilder dort abzustellen). Um ihn herum waren alle Bilder, die riesigen, schon bemalten Leinwände aufgestellt, bunte Farben, abstrakte Figuren lachten ihn an und in der Mitte er mit seinem – im Vergleich zum Rest – sehr düsteren, nicht-fertig-werden-wollenden Bild.
„Willst du nicht mal ne Pause machen? Dann können wir reden. Du machst ja nichts anderes mehr, isst nichts, schläfst nicht, gehst nicht mal auf Klo.“
„Ich brauche keine Pause. Ich muss fertig werden.“
Und wenn man ihn fragte wie es sein kann, dass er doch plötzlich mit seinen fertigen Bildern im gleichen Raum sein konnte, so sagte er sie geben ihm Energie. Limpa war verzweifelt – offensichtlich. Sie wusste, dass sie nichts falsch gemacht hat; sie wusste auch, dass Adam etwas bedrückte, aber sie wusste nicht wie sie ihm helfen konnte, also fasste sie eines Tages einen Entschluss: „Adam, ich weiß du willst nicht mit mir reden. Das ist jetzt auch wahrscheinlich das letzte was du für eine Weile von mir hören wirst. Ich wollte nur sagen, dass ich zurück in meine Wohnung gehe, weil ich denke, dass du Zeit für dich brauchst und ich kann dir dabei auch nicht mehr länger zusehen. Jedenfalls ich liebe dich Adam und wenn du mich brauchst bin ich für dich da, ich weiß jetzt einfach nicht was ich noch für dich tun kann. Das ist keine Trennung, außer du willst das, das ist ein Auf Wiedersehen.“

 

letztes Kapitel                                                                                                                               Fortsetzung folgt…

 

Krimi zwischendurch – Kapitel 6: Kurat

Da sitzt er nun – so gefangen – so hilflos – so alleine – so schuldig – so dreist grinsend.
Limpa kam so schnell wie möglich zum Revier, stand neben Valerie hinter dem scheinbaren Spiegel und beobachtete den unsichtbaren Kölner, wie er sie direkt durch die Scheibe anstarrte, obwohl er sie nicht sehen konnte.
„Was bringt einen Menschen so etwas mit so einer Freude zu tun? Für jemanden mit meinem Beruf ist es höchst ungesund sich solche Fragen zu stellen. Fast drei Monate jagen wir dich nun schon, zehn Frauen hast du mindestens auf dem Gewissen, zehn zerstörte Familien. Und was hast du erst mit Valerie gemacht?“, sie drehte den Kopf zur Seite, „Guck sie dir an! Ein Häufchen Elend! Wochenlang hockte sie alleine im Wald, auf der Suche nach dir. Total verwahrlost, abgeschnitten von der Realität, am Rande des Wahnsinns. Aber sie hält sich wacker – jetzt hat sie dich – jetzt kannst du ihr nicht mehr entkommen. Ganz alleine hat sie es geschafft.“, dachte Limpa weiterhin den unsichtbaren Kölner beobachtend.

Die Sonne schien, seit Wochen zum ersten mal wieder auf einem blauen Hintergrund. Zum ersten mal waren die Blätter trocken und ihre Farben kamen im Wind richtig zur Geltung. Die Straße war nicht mehr von riesigen Pfützen übersaht und die Leute hoben ihre Köpfe. Zum einen, weil es nicht mehr regnete, zum anderen, weil sie sich irgendwie sicherer fühlten.
Kommissarin Olimpia Wolf betrat den zweiten Verhörraum, unterm Arm eine Mappe, Haare streng in einen strafen Zopf gebunden, ein Glas Wasser in der zittrigen Hand. Der unsichtbare Kölner ließ seine in Handschellen gelegten Hände, so laut wie er konnte, vom Tisch in seinen Schoß plumpsen, um seine Hüfte war er an den Stuhl gekettet, sein Hemd war blutverschmiert. Am Tisch angekommen blieb Limpa regungslos stehen, so als würde sie noch ein mal in sich gehen, wie der Eiskunstläufer, vor seiner Kür, der sich in seine Anfangspose begab – Limpa begab sich scheinbar selbstbewusst in ihre Anfangspose: sie setzte sich ihm gegenüber, stellte davor ihr Glas ab und bereitete die Mappe wortlos vor sich aus. Darin befanden sich die Fotos der Leiche die er in der Innenstadt zurückließ – Saskia Klein – und etwaige Unterlagen, Berichte und Analysen zum Fall. Er guckte sich die Fotos interessiert an, beugte sich sogar leicht aus seinem Stuhl nach vorne – Limpa ekelte sich.
„Du kannst mich Kurat nennen.“, er guckte von den Fotos hoch, „Deine Kollegin wollte eine Alternative zu unsichtbarer Kölner.“, er lehnte sich wieder entspannt in seinem Stuhl zurück und legte seine Hände samt der Handschellen ordentlich in seinem Stoß ab, „Vor allem hat mich aber keiner gefragt, ob ich wirklich Kölner bin, vielleicht bin ich aus Düsseldorf und töte, weil ich Kölner hasse. Dem ist aber natürlich nicht so. Mit gefällt mein Spitzname…“
„Ist das dein Name – Kurat?“, unterbrach sie seinen nicht enden wollenden Redefluss.
„Nein, aber google es mal.“, er nickte ihr vielsagend zu, so als würde sie wissen was er meinte.
„Unsichtbar bist du übrigens auch nicht.“, seufzte sie und lehnte sich kraftlos in ihren Stuhl nach hinten.
„Warum so demotiviert Kommissarin…“
„Wolf.“, ergänzte sie.
„Kommissarin Wolf, haben sie schlecht geschlafen? Oder zu lange gefeiert? Oder einfach keine Lust mehr?“
„Hör auf zu reden.“, rief sie die flache Hand auf den Tisch hauend.
„Aber ich dachte sie wollen reden?! Dabei stellen sie gar keine Fragen.“
„Du machst es mir zu leicht.“, drückte sie durch die geschlossenen Zähne.
Er verzog das Gesicht zu einer zufriedenen Grimasse, als hätte er gerade in Monopoly gewonnen und der Verlierer würde wie ein kleines Kätzchen getränkt. Limpa machte es ihm nach und presste ihre Lippen fest zusammen und grinste krampfhaft, als hätte sie große Schmerzen und versuchte diese durch das Lachen zu verbergen. Blitzartig kam sie wieder zu sich. Ich darf mich nicht auf seine Spielchen einlassen. Ich muss professionell bleiben. Das ist nichts persönliches.
„Fangen wir also an.“, atmete sie aus, „Das auf den Fotos ist Saskia Klein. Sie war 23 Jahre alt, kam gerade zurück vom Feiern und wollte am nächsten Tag zurück ins Krankenhaus zu ihrer Nachtschicht, sie war nämlich Krankenschwester. Zuhause warteten zwei Hunde auf sie. Saskia hatte mehrere Geschwister, einen Freund, mit dem sie zusammenziehen wollte, der Mietvertrag war sogar schon unterschrieben.“
„Und weiter?“, fragte er gelangweilt.
„Warum Saskia?“
„Warum nicht sie?“
„Gab es ein Schema bei der Wahl deiner Opfer?“
„Nein.“
„Warum hast du sie nicht verbrannt?“
„Wurde gestört, musste verschwinden.“
„War Maria Fischer dein erstes Opfer?“
„Wer ist Maria Fischer?“
Limpa holte ein Foto aus ihrer Mappe.
„Ja.“, antwortete er zufrieden.
„Du hast davor also nie getötet?“
„Nein.“
„Warum hast du sie verbrannt?“
„Woher wisst ihr davon?“, er wurde aufmerksam.
„Der Jäger im Wald bemerkte den Rauch und meldete es uns.“, Limpa sammelte die Fotos wieder ein. Er lehnte sich wieder nach hinten und nickte in die Sonne starrend.
„Deine Kollegin, die mich verhaftet hat, hat das herausgefunden, nicht wahr?“
„Valerie Topika, sie hatte die Verantwortung bei deinem Fall.“
„Warum befragt sie mich nicht? Ich muss ihr noch gratulieren, zu ihrem Erfolg und dass sie mein Platz gefunden hat.“, sagte er lächelnd.
„Kannst du später auch noch tun. Lass uns erst mal die Details der Morde durchgehen.“
Er rückte in seinem Stuhl etwas hin und her und machte es sich bequem, Limpa blickte ihn aufmerksam an und wartete bis er ihr ein Zeichen gab, dass er bereit war.

Hinter der Scheibe im Kontrollüberwachungsraum reichte Gabi Valerie einen Tee.
„Der ist mit Schuss.“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Sie drehte sich zu ihm und lächelte dankbar.
„Und wie läuft es?“, erkundigte er sich.
„Pervers.“, sie trank einen Schluck vom Tee, spürte wie ihre Schultern lockerer wurden und die Anspannung aus ihrem Körper verschwand.
„Wie fühlst du dich jetzt mit allem?“
„Ganz gut“, sie zögerte, „soweit.“
„Val! Du hast ihn eigentlich alleine gefunden und geschnappt. Ist dir das klar? Einen der gefährlichsten Verbrecher den wir hier je hatten. Das stinkt förmlich nach einer Beförderung, zumindest nach einer Gehaltserhöhung. Verstehst du das überhaupt?“, bei den letzten Worten schüttelte er sie, so dass etwas vom Tee auf den Fußboden schwappte.
„Gabriel! Verdammt!“, sie stellte die Tasse ab.
Er rannte raus und kam wenige Sekunden mit einer Rolle Zewa wieder, kniete sich vor Valerie und wischte den Boden trocken.
„Nein, ich verstehe noch überhaupt gar nichts.“, Gabriel guckte sie von unten an, „Ich bin noch ganz durcheinander.“
„Offensichtlich! Kleckerst hier mit Tee und ich soll es auch noch sauber machen.“, er stand wieder neben ihr.
Valerie schaltete die Lautsprecher an um Olimpia und Kurat wieder hören zu können.

„War es immer dieses Auto, mit dem du die Leichen transportiert hast oder hattest du mehrere?“
„Nein nur das eine.“
„Wie bist du vorgegangen?“
„Nun nach dem ich das Opfer meiner Begierde“, Olimpia verdrehte die Augen, „erblickte, da gab es immer diesen besonderen Moment indem ich wusste, dass sie es war.“, sie musste ihren Würgereiz unterdrücken, „Nun beim Prozess war ich immer abwechslungsreich: mal benutze ich ein Messer, mal erdrosselte ich sie mit bloßen Händen, mal brach ihr das Genick und einmal da benutze ich eine Plastiktüte – sie erstickte so jämmerlich.“
Limpa sah sich nach einem Mülleimer um in den sie sich übergeben konnte, Kurat stoppte seine Erzählung und blickte sie verwundert an. Daraufhin sammelte sie sich, atmete durch und deutete ihm weiter zu reden. Er räusperte sich sichtlich irritiert: „Nach der vollbrachten Tat“, er zögerte, „genoss ich ich den Moment, bis ich die Leiche schließlich ins Auto beförderte und den Ort des Geschehens reinigte.“
„Wie kann es sein, dass wir nie Spuren gefunden haben, bis auf das eine mal.“
„Talent.“, sagte er stolz, „Jetzt erst kommt das beste: Ich brachte die toten Mädchen in den Wald und machte ein Feuer – ein zauberhaftes, großes warmes, beruhigendes Feuer, an dem ich mich wärmen konnte.“, er rieb sich die Hände aneinander, die Handschellen klimperten, „Stundenlang blieb ich stehen und schaute direkt in die Flamme, wie sich der leblose Körper langsam verformte und zu Asche wurde. Was vom Feuer übrig blieb kam in den Fluss und wenn sie nicht auferstanden sind, dann sind sie heue noch tot – Ende.“
„Warum nur junge Frauen?“
„Such dir was aus“, er zuckte mit den Schultern, „es war entweder der Tod meiner Mutter bei meiner Geburt oder der tödliche Unfall meiner älteren Schwester oder die Misshandlung durch mein Kindermädchen oder eine neue psychische Krankheit bei der man nur junge hübsche Frauen ermordet.“, er lachte. Limpa schüttelte sich. Die Sonne strahlte immer noch mit voller Kraft in den Verhörraum, sie stand auf und ließ die Jalousie runter. Er gab irgendeinen unwitzigen Kommentar ab, sich die Augen reibend ignorierte sie seine blöde Bemerkung und fuhr fort: „Hier ist eine Liste mit Namen und Fotos der zehn Vermissten – gab es darüber hinaus noch jemanden den du getötet hast? Kollateralschäden oder jemand der noch nicht als vermisst gemeldet wurde?“
„Nein nur zehn.“, er guckte sich die Fotos erst an, nachdem er geantwortet hat, „Nur zehn“, sagte er nachdenklich, „bevor ihr mich gefasst habt.“
„Mir kommt es bloß so vor Kurat, dass das genau dein Ziel war – gefasst zu werden.“
„Dann kennst du mich ja besser als ich mich.“
„Warum die Pause? Warum die Rückkehr?“
Er grinste: „Urlaub und irgendwann ist der schönste Urlaub auch vorbei.“
„Bist du in deinem Urlaub weggefahren?“
„Nach Island. Es war fantastisch.“
„Kauf ich dir nicht ab.“, sie lehnte sich zurück.
„Hast du eine bessere Geschichte?“
„Du wusstest, dass wir dir auf der Schliche waren und hast gewartet bist du dich sicher gefühlt hast – so simpel und einfach zu gleich. Aber eher glaube ich, dass du genau wusstest, dass es mit deinem Hobby nicht mehr lange weiter gehen wird, aber vor deinem Abtritt, nach deiner Pause, wolltest du noch einmal zuschlagen, bevor du dann schließlich in den Knast musst.“
„Ist doch ein würdevoller Abgang findest du nicht Kommissarin Wolf?“
„Oh doch und wie.“, sie trank ihr Wasser in einem Schluck leer, innerlich kochte sie, „Gut, zum weiteren Vorgehen: dir werden Fingerabdrücke und eine DNA-Probe entnommen, damit wir die mit den Spüren am Tatort von Saskia Klein vergleichen können. Bis der Prozess startet kommst du erst mal in Untersuchungshaft. Es kann sein, dass wir weitere Fragen haben, dann kommen noch mal auf dich zurück.“
„Was ist mit meinem Anwalt?“
„Denkst du der kann dir noch helfen?“
„Seien sie doch nicht so jähzornig.“
„Du kannst gleich anrufen, ich gebe das meinem Kollegen weiter.“
Limpa sammelte ihre Sachen wieder ein und verließ den Raum. Obwohl er verhaftet ist und die Beweise erdrückend sind, also er wurde bei frischer Tat ertappt, war Limpa nicht befriedigt.

„Karsten kümmer dich um die Fingerabdrücke und sein scheiß Telefonat.“, sagte sie im Vorbeigehen und verschwand lautlos in ihrem Büro. „Vielleicht ist es bloß seine geisteskranke, großkotzige Art die mich stört. Der Typ hat mich echt alleine durch seine Erzählungen fast zum kotzen gebracht.“, dachte sie.
Nachricht von Adam: Eva geht es dir gut?
Limpa tippte als Antwort: Der normale Wahnsinn. Ich hoffe, du empfängst mich mit Abendessen.
Weil sie gerade eh schon am Handy war, schaute sie was die Medien über ihren heiß geliebten unsichtbaren Kölner schrieben. Die Presse ist völlig außer sich , bei Twitter geht der Hashtag #unkoelner viral. Die Leute sind so sensationsgeil und wollen unbedingt ein Foto von ihm, spekulieren über sein Wahnsinnsaussehen, wollen seine Sicht der Dinge hören, sein Schicksal verstehen, was ihn zu der Tat gebracht hat. Limpa wurde wieder schlecht. Eine Minderheit, wahrscheinlich die besorgten Eltern von Mädchen sprachen all ihren Hass gegen ihn aus und gleichzeitig ihre Erleichterung über seine Festnahme. Die Presse schrieb kuriose Artikel mit allen möglichen falschen – wie Limpa wusste – Vermutungen: der unsichtbare Kölner soll aus der Psychiatrie ausgebrochen sein, die Polizei versteckt noch zwanzig seiner Leichen. Weil zehn ja noch nicht schlimm genug sind, kommentierte Limpa in ihrem Kopf. Und weiter schrieben sie (wiederholt), dass die Polizei ihn nur schnappen konnte, weil er es so wollte – wäre es nicht sein ausdrücklicher Wunsch gewesen, verhaftet zu werden, würden die unfähigen, kölner Beamten immer noch im dunkeln tappen. Limpa lachte bei der Stelle laut auf.

Dunkelgrüne Tannen schwebten im Wind, Vögel unterhielten sich sanghaft, im Hintergrund die Sonne auf blauem Untergrund und auf dem flachen Hügel im Haus Adam malend mit Ölfarbe, vor der Staffelei. Die nächste Ausstellung war schon geplant, obwohl die letzte erst vor zwei Tagen gewesen ist. Hier im Haus sollte sie stattfinden, abseits der Stadt. Er wusste schon gar nicht mehr wohin mit seinen Ideen und den fertigen Bildern. Limpa brachte ihm fast jeden Tag eine neue Leinwand, selber verließ er kaum noch das Haus. Von morgens bis abends war er wie im Rausch, aus dem er immer, wenn Limpa nach Hause kam, direkt in den nächsten überging und sie mit seiner Liebe überschüttete, sodass Limpa zuhause bei Adam auf keine negativen, die Arbeit betreffenden Gedanken kommen konnte. Er sprühte über vor Energie und steckte alle in seiner Umgebung damit an.
Als Limpa am Abend Heim kam, fragte sie ihn, warum er die Ausstellung im Haus ausrichten wollte und nicht wie üblich in der Galerie. „Bringst es gar nicht mehr fertig in die Stadt zu fahren?“, neckte sie ihn. Er seufzte und sagte nur, dass diese Bilder in keine Galerie passen würden, sie müssen hier in diesem Licht, in dieser Umgebung wahrgenommen werden, hier wo sie entstanden sind. Limpa stand vom Sofa auf, ging zu Adam rüber, küsste ihn, zog ihre Jacke aus und begab sich in die Küche um sich das Essen aufzuwärmen.
„Wie läuft denn der Fall eigentlich?“, fragte er scheinbar am Rande, fast als würde es ihn in Wirklichkeit nicht interessieren.
„Gleiche Antwort wie immer – mehr als in den Nachrichten steht darf ich dir nicht erzählen. Obwohl … ich weiß auch nicht, ich habe ein ganz komisches Gefühl bei der Sache und das hat mich noch nie getäuscht. Aber ich kann dir beim besten Willen nicht sagen, was es ist – das weiß ich selber nicht.“
„Vielleicht gefällt dir nicht, dass es am Ende doch alles so schnell ging.“, sagte er ganz beiläufig, ohne Regung in seinem Gesicht oder in seiner Stimmlage.
„Nein ich habe den Typen heute verhört und der ist mir nicht geheuer.“
„Schatz es ist ein Serienkiller. Was erwartest du?“
„Schon. Nur…“
„Komm, du machst dir zu viele Gedanken. Sag mir lieber wie du mein neues Bild findest?“, er blickte sie sanft und liebevoll an.

Zwei Tage später saß Valerie ungeduldig auf ihrem Stuhl und drehte sich andauernd um sich selber, bis ihr so schlecht wurde, dass sie aufhören musste, nur um dann mit den Fingern schnell und nervös auf den Tisch zu klopfen, um sich dann wieder weiter zu drehen, wenn das Schwindelgefühl vorbei war. Gegen zehn kam Olimpia ins Revier. Sie ging wortlos an Valerie vorbei, holte sich einen Kaffee, setzte sich und begrüßte sie erst dann: „Guten Morgen Heldin.“
„Die Spüren stimmen nicht mit seinen Fingerabdrücken überein.“, platzte es aus ihr heraus, hätte man sie aber nicht sprechen gehört, hätte man nicht sagen können, ob sie sich bewegt hat.
„Was? Wovon sprichst du?“
„Die Spuren vom Tatort von Saskia Klein stimmen nicht mit den Werten von Kurat überein.“
Limpa schluckte.

 

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Krimi Zwischendurch – Kapitel 5: Verstecken und Fangen im Nebel

In der Zwischenzeit ist es früher Herbst geworden, die Tage wurden verregneter und kälter. Sie lagen nun schon eine Woche im Gebüsch aber nichts tat sich. Vermutlich hat der unsichtbare Kölner Wind von der Sache bekommen und entschied sich der Polizei noch nicht in die Falle zu gehen. Fast zwei Wochen hatte es keine neuen Vermissten gegeben. Die Presse schrieb, dass er Urlaub machte, irgendwo wo es wärmer war, vielleicht konnte er bei Regen nicht arbeiten.

Nach einer weiteren Woche wurde die Observation beendet – es wäre nur noch eine Verschwendung der Ressourcen, meinte Gabriel, so eine lange Pause hatte der Entführer noch nie gemacht. Man dachte schon er hätte genug gehabt, hatte seinen Spaß und beendete sein nächtliches Hobby. Valerie ließ aber noch nicht los. Sie war fest davon überzeugt, dass der Ort im Wald der Platz war, wo er seine Opfer hinbrachte und verbrannte. Sie dachte, er wolle alle anderen in Sicherheit wiegen bevor er wieder loslegte. Aber darauf fiel Valerie nicht rein – seitdem die Überwachung beendet wurde, ging sie jedes Wochenende in den Wald und genauso traurig wie es sich anhörte, so war es auch. Sie legte sich in ihr kleines Zelt, hinter riesigen Büschen mit ihrer Thermoskanne und schaute alle fünf Minuten durch ihr Fernglas. Sie war ganz alleine und es war nicht im Geringsten so aufregend wie in den Filmen immer gezeigt wurde und vor allem dauerte es in echt natürlich um einiges länger. Das hielt Valerie aber nicht davon ab ihren Job zu machen, für sie fühlte es sich richtig an. Niemand auf dem Revier wusste was sie jeden Freitag nach Feierabend machte und es durfte auch niemand wissen, weil wenn doch und sie ihn nicht schnappen würde, würde sie suspendiert werden; aber sie dachte, naiv wie sie war, wenn sie ihn schnappen würde, könnte man ihr ihren Fehler verzeihen und sie wäre die Heldin. Viel hätte, würde, könnte – das wusste Valerie auch, aber wenn man jede Woche eine freiwillige, unbezahlte Nachtsicht einlegte – überlegte man sich schon manchmal warum man das eigentlich machte.

Gleichzeitig war Limpa bei Adam auf seiner Ausstellung. Er hatte wieder neue Bilder, er war unglaublich fleißig in letzter Zeit. Die Muse küsste ihn jeden Tag aufs Neue und er malte und malte ununterbrochen. Limpa war zutiefst beeindruckt von seinem Talent – für sie wurde er jeden Tag besser und anscheinend empfanden die Kunstszene und die Kritiker genauso. Mehr und mehr Leute wurden auf ihn aufmerksam. Es kamen immer mehr Leute zu den Ausstellungen, die Bilder wurden für immer mehr Geld verkauft und mehr Zeitungen schrieben über ihn, seinen Erfolg und seine Kunst. Limpa fühlte sich geehrt und zehn Jahre jünger, wenn sie mit Adam zusammen war.

Eines Sonntagmorgens als die letzten Spätsommersonnenstrahlen ins Zimmer schienen, sprang Adam auf, holte einen Hocker aus der Küche, wickelte Limpa in ein Lacken, setzte sie auf den Hocker und zeichnete sie einfach so wie sie war: noch ganz verschlafen, ungeschminkt, nicht angezogen und mit zerzaustem Haar.

„Du bist so wunderschön.“, hauchte er während er kurz innehielt.

„Deine Augen funktionieren morgens wohl noch nicht so gut.“, Limpa lachte.

„Nicht bewegen!“

„Ich bitte um Verzeihung, Meister.“

Adam achtete nicht weiter darauf was sie sagte, sondern malte einfach weiter, wie in Trance, als würde der Bleistift sich von selber bewegen. Für ihn war Limpa an diesem Morgen das schönste Geschöpf auf Erden.

Auf der Ausstellung standen die beiden vor dem Bild – eine Bleistiftzeichnung, auf einem Blatt aus einem Zeichenblock, in einem viel zu großen schwarzen Rahmen.

„Was denkst du?“, fragte er sie.

Limpa ging näher zum Bild und strich sanft über das kleine Schild neben dem Bild, auf dem Name, Preis und Datum standen.

„Eva. Du hast es Eva genannt. Eva von Adam, so als hättest du mich erschaffen.“, sie wirkte abwesend. Adam grinste und schaute sie aufmerksam an.

„Aber gefällt es dir?“, hackte er nach.

„Ich bin Polizistin, genauer Kommissarin und du hast mich hier in aller Öffentlichkeit entblößt. Ich müsste empört sein aber ich kann nicht – es ist zu schön wie du mich siehst.“, gedankenverloren betrachtete sie das Bild noch eine ganze Weile.

Erst als sie zu sich kam, wagte Adam zu antworten: „Niemand wird wissen, dass du es bist, mit den Haaren im Gesicht erkennt man dich doch gar nicht.“

„Warum musst du es verkaufen?“

„Du willst es haben?“

„Aber willst du es nicht behalten?“, aus dem Augenwinkel beobachtete sie ihn.

„Kunst ist da um geteilt zu werden, um betrachtet zu werden, um sich daran zu erfreuen, um der Welt etwas von sich zu geben. Du weißt, dass ich jedes Bild verkaufe. Ich kann nicht arbeiten, wenn irgendwas Fertiges, mit Energie behaftetes noch irgendwo rumsteht.“

„Und wenn es jemand kauft, dann sehen es doch nur wenige Privatpersonen.“

„Vielleicht kauft es ein Museum.“, er zuckte mit den Schultern.

„Warum kann es nicht hierbleiben?“

„Ich muss doch auch Geld verdienen.“, Adam lachte.

„Tust du das nicht genug?“

„Ich habe das Gefühl Eva wird mein Durchbruch.“

Limpa war zwar nicht zufrieden damit, dass jemand Fremdes dieses intime Bild von ihr kaufen könnte aber sie fühlte sich geschmeichelt und erregt von Adams zarten Worten.

Die tapfere Valerie Topika, Kommissarin seit vier Monaten, im Revier seit zwei Jahren, studierte Kriminologin, lauerte in ihrem Zelt. Die Stunden vergingen langsam, es wurde nicht wirklich hell und ein dicker, tiefer, feuchter Nebel legte sich über den Wald. Valerie konnte nicht mal den Fluss zwanzig Meter entfernt sehen, sie hörte nur das Plätschern des Wassers. Es war geisterhaft, Valerie musste zugeben, dass sie Angst hatte. Sie war aufgeregt, irgendwas beunruhigte sie im inneren, sie wusste nur noch nicht was es war. Es war zwar noch früh, halb sechs, aber sie rief Gabriel trotzdem an und bat ihn zu kommen. Sie versuchte sich derweilen zu beruhigen und sich auf einen möglichen Zugriff vorzubereiten, auch wenn Gabriel ausdrücklich verboten hatte alleine zuzuschlagen. Sie atmete nur noch flach und das Blut pochte ihr im Hals. Links von ihr hörte sie ein Geräusch, sie konnte die Quelle aber nicht identifizieren. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich keine Angst mehr zu haben. Es war ein Auto welches behutsam nach hinten fuhr und nun sah sie auch die Rücklichter. Valerie lauschte aufmerksam den schweren Schritten, die jetzt deutlich zu hören waren. Sie packte ihre Waffe noch fester. Wegen des Nebels konnte sie nichts erkennen. Sie traute sich nur zögernd aus ihrem Zelt, aber wenn sie ihn nicht sehen konnte, konnte er sie auch nicht sehen. Richtig? Etwas Schweres fiel zu Boden, die Schritte gingen nochmal zum Auto, holten etwas aus dem Kofferraum, Valerie vermutete einen Kanister Benzin, mit dem er die Leiche noch brennbarer machte. Sie wartete nicht mehr lange, es war so weit, sie rannte los und erblickte endlich den unsichtbaren Kölner. Für den Bruchteil einer Sekunde war Valerie versteinert. Eine Million Gedanken schossen durch ihren Kopf – Was mach ich hier? Was soll ich tun? Wie rennt man? Warum stehe ich noch? Krieg ich ihn? Was wird Limpa sagen? Was wird Gabi sagen? Krieg ich Ärger für meine Aktion? Komme ich heile davon? Kommt er heile davon? – Das gab ihm natürlich eine Möglichkeit zum Reagieren. Er drehte sich um, ließ den Kanister fallen und lief den Fluss entlang.

„Stehen bleiben! Polizei! Sie sind verhaftet! Bleiben sie sofort stehen!“, Valerie schrie so laut und so lange es ihr beim Verfolgen möglich war. Außer ihrem Geschrei war aber nichts zu hören – es war totenstill. Valerie blieb kurz stehen und versuchte zu horchen wo er hingelaufen ist – aber nichts – es war wie auf Lautlos gestellt. Sie atmete aus, beugte sich über und stütze sich mit den Händen an den Knien ab. In der Ferne kam ein Geräusch auf, was immer lauter wurde – Sirenen – Gabi. Sie packte ein erneuter Funke Hoffnung, jetzt wo sie nicht mehr alleine war. Sie mobilisierte neue Kräfte und stürzte wieder hinterher. Sie rannte am Fluss entlang um sich nicht zu verirren. „Vermutlich würde er das auch so tun. Sein Auto nämlich stand genau in der entgegengesetzten Richtung und so blöd zurück zu kehren wird er nicht sein. – Also ohne Auto keine Flucht. Was bleibt ihm also übrig? – Sich zu verstecken. Vielleicht ist er doch querfeldein gelaufen und wartet bis wir weg sind.“, dachte sie.

„Val wo bist du?“, Gabi rief an.

„Gabi! Gott sei Dank! Ich bin den Fluss entlanggelaufen. Er wird sich hier im Wald verstecken. Schick mir Verstärkung.“

„Du bist wahnsinnig. Valerie warte auf uns!“

Da hatte sie schon aufgelegt. Sie entfernte sich vom Fluss und schlich langsam in den Wald hinein. Es wurde zwar heller, doch der Nebel wurde nur dichter. Nach fünfzehn Minuten hatten sie drei Beamte eingeholt und gemeinsam gingen sie in zehn Meter Abständen zueinander und mit Taschenlampen ausgerüstet immer tiefer in den Wald. Und nach einer weiteren guten Stunde entdeckten sie ihn schließlich hinter einem Busch, als würde er auf sie warten, er hatte wohl seine Möglichkeiten durchdacht und entschied, sich zu ergeben. Valerie verhaftete ihn, ohne jegliche Weigerung seinerseits. Keine Spektakuläre Flucht, keine Verfolgungsjagd, keine Schießerei, keine Geiseln – als hätte er aufgegeben und nichts mehr für was es sich noch zu rennen lohnt. Seine Rechte wurden ihm verlesen und nun hatten sie einen fast zweistündigen Marsch zurück vor sich. Valerie war schon ganz neugierig auf das was er zu erzählen hatte, sie wollte ihn am liebsten sofort verhören aber sie wusste sie würde ihre Chance noch kriegen und so schwiegen sie den größten Teil der Strecke. Der nun doch nicht so unsichtbare Kölner grinste die ganze Zeit debil vor sich hin und ab und zu pfeifte er ein kurzes Liedchen.

„Welchen Grund hast du so fröhlich zu sein?“, Valerie war genervt, dass er immer noch die Überzeugung hatte, dass er hier die Macht hatte.

„Es ist doch ein wunderschöner Morgen.“, er atmete laut aus.

„Was war der Grund für deine lange Pause? Wir haben dich schon vermisst.“, sie versuchte mitzuspielen.

„Urlaub.“, sagte er ganz ernst.

„Darf ich wissen wie du heißt?“

„Gefällt dir unsichtbarer Kölner nicht?“

Valerie verdrehte die Augen: „Wie du willst, aber früher oder später wirst du alles erzählen.“

Er flüsterte: „Kommissarin das glaube ich auch.“

Val sah ihn so von der Seite an und dachte darüber nach, dass er der perfekte Bilderbuch Serienkiller war– die Presse wird sich um ihn reisen. Sie sah die Filmplakate in Hollywood schon vor sich: Der unsichtbare Kölner ab Sommer im Kino.

Die Sonne ging auf und der Nebel verzog sich. Sie brachten ihn aufs Revier in den zweiten Verhörraum. Valerie und Gabriel standen davor und füllten Papierkram aus.

„Valerie du bist doch verrückt!“, Gabriel war sichtlich außer sich.

„Ist doch nichts dabei.“, sie verkneifte sich ein Grinsen.

„Du hättest sterben können.“

„Gabi warum so dramatisch? Er war nicht mal bewaffnet und ich war auch nicht alleine.“

„Er ist gefährlich. Du siehst doch selber wie er drauf ist.“

„Ich bin auch Gefährlich Gabi. Du traust mir zu wenig zu.“

Er warf die Hände in die Luft, drehte sich um und ging sich einen Kaffee holen.

Augenblicklich schlummerte Limpa neben Adam, auf der Ausstellung wurde es etwas später als erwartet, sie fielen erst vor kurzen erschöpft, glücklich und beschwipst ins Bett. Es war ein großer Erfolg – fast alle Bilder wurden verkauft. Die Gäste waren begeistert. Und in der fröhlichen träumerischen Stille klingelte plötzlich das Handy von Olimpia Wolf.

„Val was ist?“

„Wir haben ihn.“

Limpa fuhr blitzschnell hoch. Vollkommen entsetzt blickte sie auf Adam der süßlich lächelnd neben ihr schlief.

 

nächstes Kapitel

Krimi Zwischendurch – Kapitel 4: Ein Rauchzeichen

Valerie saß seit gestern Nacht im Büro und las sich nun schon zum tausendsten mal einen Bericht von einem Kollegen durch, es ging um eine Meldung von vorgestern Nacht. Ein Jäger hatte mehrmals Rauch im Wald bemerkt, doch immer, wenn er an der Stelle ankam wo er das Feuer vermutete war dort nichts. Nachdem das regelmäßig in einem Zeitraum von etwas mehr als einem Monat passierte – meldete der Jäger seine Beobachtungen. Beim letzten Mal konnte er das genaue Datum und die genaue Uhrzeit angeben in der er den Rauch beobachten konnte – und die Uhrzeit war immer dieselbe – im Morgengrauen, wenn es gerade hell wurde immer, dann wenn der Jäger aufsteht. Und das besagte Datum und die besagte Uhrzeit passen perfekt mit der letzten mutmaßlichen Entführung überein.

Olimpia betrat das Büro im Revier: „Du sitzt immer noch hier?“, sie schaute verdutzt auf Valerie.

Die blickte nur kurz auf: „Limpa ich glaube ich habe da was.“, sie starrte wieder auf den Bericht.

„Raus mit der Sprache!“, Kommissarin Wolf setzte sich.

„Was, wenn der unsichtbare Kölner die Frauen tötet und danach im Wald verbrennt und wir deshalb keine Leichen und keine Spuren finden können.“

„Wie kommst du darauf?“, sie trank ihren Kaffee und schaute Val mit großen Augen an.

„Ich habe durch Zufall diesen Bericht von Thomas gelesen. Ein Jäger hat gemeldet öfters mal Rauch im Wald gesehen zu haben, aber es gab nie eine Quelle für das Feuer.“

„Ja und weiter?“, sie runzelte die Stirn.

„Es stimmt zeitlich mit der letzten Entführung überein.“

„Das ist noch gar nichts.“, Limpa lehnte sich wieder zurück.

„Ich weiß, aber man könnte die gemutmaßte Stelle untersuchen – auf Asche. Es wird zwar nicht einfach, weil die Stelle direkt am Fluss ist aber ein Versuch ist es doch Wert Limpa oder?“

„Alle Spuren werden schon längst weggespült sein Valerie.“

„Wir müssen einfach so schnell wie möglich da hin, wenn er sein nächstes Opfer gewählt hat.“

„Du willst also warten? – Bis er wieder jemanden ERMORDET?“, Limpa schüttelte den Kopf.

„Ich weiß das klingt makaber – aber sonst haben wir nichts. Oder doch?“, Valerie drehte eine Runde in ihrem Drehstuhl – sie wusste damit hatte sie Limpa überzeugt. Das war die erste Spur – die erste brauchbare. Die Leute kriegen langsam Panik – wenn Frauen einfach spurlos in Köln verschwinden und die Polizei hat nichts und wieder nichts. Und die Presse schürt die Angst noch weiter, nennt ihn Serienkiller, unsichtbaren Kölner, sagt die Polizei sei machtlos.

„Ok Valerie – wir machen das so: Ich überteile dir die Verantwortung für diesen Einsatz. – Es wird Zeit, dass du Erfahrung sammelst. Wir werden Tag und Nacht Wachen postieren. Und wenn er kommen sollte…“

„Er wird kommen!“, unterbrach Valerie sie.

„Wenn er dann kommt, schnappen wir ihn uns endlich.“, Olimpia atmete laut aus. Valerie war entschlossen, sie fühlte sich unbesiegbar – ich habe die wichtige Spur gefunden – ich ganz allein.

Sie fuhr direkt zum Jäger und befragte ihn. Er konnte ihr auch nicht mehr sagen, als das was im Bericht steht.

„Aber haben sie abseits von diesem Platz irgendjemanden im Wald gesehen? – Oder sogar ein Auto was irgendwo hier geparkt hat?“

Der Jäger überlegte einen Moment und schüttelte den Kopf.

„Wieso haben sie nicht sofort was unternommen, als sie den Rauch gesehen haben? Schließlich darf man kein Feuer im Wald zünden.“

„Als ich dort angekommen bin war dort nichts mehr, keine Brandstelle, keine Asche, keine Menschen, keine Autos und kein Rauch mehr.“

„Und was hat sie dann dazu gebracht es doch zu melden?“

„Na weil es immer öfter passierte und wie sie selbst gesagt haben, darf man im Wald kein Feuer machen. Irgendwas muss ja dahinterstecken und wenn ich nichts machen kann, soll sich die Polizei darum kümmern.“

Valerie legte den Kopf schief und guckte dem Jäger in die Augen: „Wo waren sie in der Nacht bevor der Rauch ansetzte?“

„Was? Warum fragen sie mich das? Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich was damit zu tun habe?“

„Beantworten sie einfach die Frage, das ist Routine.“

„Ich war hier – Zuhause – und habe geschlafen. Ich muss jeden Tag früh raus, wissen sie.“

„Gibt es jemanden der das bestätigen kann?“

„Nein.“, der Jäger rollte mit den Augen, „Sie kennen die Antwort doch – warum fragen sie?“

„Gehört zu meinem Job.“, sie schrieb was in ihren Notizblock.

„Wieso sollte ich den Rauch der Polizei melden, wenn ich selber was damit zu tun habe?“

„Es gibt allerlei Verrückte.“, sie schaute ihn direkt an, „Wissen sie – die wollen dann Katz und Maus mit der Polizei spielen, wollen – Nein brauchen die Aufmerksamkeit, die sind dann entzückt, wenn die Presse berichtet…“

„Presse?… Wovon reden sie?“

„Lachen sich ins Fäustchen, wenn die Polizei im Dunkeln tappt und machen sich ein Spaß aus der ganzen Sache.“, Valerie starrte direkt durch ihn hindurch.

„Was zu Hölle faseln sie?“, der Jäger war sichtlich überfordert.

„Was? Ich darf doch sehr bitten! Achten sie auf ihren Ton.“, sie kam wieder zu sich.

„Und was interessiert eine Kommissarin aus Köln dieser blöde Rauch, ich mein wir wissen nicht mal ob es von einem Feuer ist, kann ja auch was anderes gewesen sein.“

„Es handelt sich um einen laufenden vermutlichen Mordprozess, mehr kann ich ihnen zurzeit noch nicht sagen.“

„Mord? Ich dachte es geht um den Rauch. Warten sie. Werde ich verdächtigt?“

„Ich darf ihnen nichts Weiteres sagen. Verlassen sie die Stadt nicht. Vielleicht haben wir noch Fragen an sie.“

„Wo sollte ich denn bitte hin?“, der Jäger verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich wollte es nur gesagt haben.“, Valerie stand auf, verabschiedete sich und ging zum Fluss, zur Stelle wo der Rauch vermutet wurde und legte sich auf die Lauer.

Nächstes Kapitel…

Krimi Zwischendurch – Kapitel 3: Die erste und letzte Spur

 

„Deine Bilder sind ja alle nur rotweiß. Rote Farbe auf weißer Leinwand und weiße Farbe auf roter Leinwand.“, bemerkte Limpa und nippte an ihrem Glas Sekt.

„Rot ist die Farbe der Liebe.“, antwortete Adam und blickte erst sie und dann sein Kunstwerk an.

„Und die Farbe von Blut und Tod.“, sagte Limpa.

„Aber weiß dafür nicht.“, er lächelte sie sanft an. Sie nickte geistesabwesend und betrachtete sein Bild weiter.

Seit seinem letztem Mord sind sieben Tage verstrichen – es war wieder soweit. Es war immer noch heiß in der Stadt und er lauerte in einer Gasse der Altstadt. Es wurde langsam wieder hell draußen und eine junge, schöne, blonde Frau ging, anscheinend nach einer durchzechten Nacht alleine nach Hause. Er packte seine Chance beim Schopf und packte sie kraftvoll an den Knöcheln und zog sie ruckartig zu sich. Die Frau fiel unmittelbar mit einem großen Krach zu Boden, sie stöhnte vor Schmerz und schrie vor Angst. Er nahm ihren Kopf in die Hände und blickte in ihre Augen – sie erstarrte bei dem Gedanken daran, dass das letzte was sie sieht – seine schon lange toten Augen sind. Er nahm ihren Kopf ein Stück höher und schmetterte ihn mit voller Wucht auf das Kopfsteinpflaster. Das Blut spritze nur so in alle Richtungen – sie war sofort tot. Er lächelte – ihr wunderschönes Gesicht lag ganz still vor ihm, mit einem schönen roten Muster auf ihrer weißen Haut. Immer mehr warmes Blut strömte aus ihrem Kopf auf seine Hände, er war ganz erregt von dieser Wärme, es fühlte sich so lebendig an – obwohl sie schon tot war. Er wollte sie, genauso wie sein erstes Opfer, am Fluss verbrennen, aber er und sie waren nicht alleine in dieser Vollmondnacht: zwei weitere junge Frauen gingen die Straße lang und unterhielten sich laut. Er war nicht darauf vorbereitet, dass noch jemand kommen würde – er hat sich extra eine abgelegene Gasse ausgesucht. Er musste sich schnell was einfallen lassen: seine Spuren sind überall auf der Leiche – er konnte sie unmöglich hierlassen, aber wenn er sie wegtragen würde bestünde die Gefahr, dass er gesehen wird. Was sollte er tun? Er sprang vom Boden auf, schleppte die Leiche an den Füßen hinter einen Müllcontainer und lief schnell zu seinem Auto.

In einem Vorort vor Köln wurde Limpa wach und neben ihr schlief Adam noch tief und fest. Es war schon später Vormittag aber es war ihr egal, sie hatte sich den halben Freitag frei genommen, damit sie und Adam in sein Studio fahren konnten um eine gemeinsame, ungestörte Nacht verbringen zu können. Sie kannten sich zwar erst eine Woche, aber diese verbrachten sie beinahe komplett zusammen, nur wenn Limpa zur Arbeit musste – waren die beiden getrennt. Die Sonne schien in das Schlafzimmer und kitzelte ihre Nase, sie drehte sich zu Adam und strich eine Strähne aus seinem Gesicht. Das Haus war abgeschottet von allem, es stand frei auf einem großen Feld, umgeben von einem Wald. Das Licht ließ alles goldgelb erstrahlen. Nichts könnte diesen Moment jetzt stören. Adam gab ihr immer das Gefühl sie könne sich fallen lassen und er würde sie fangen – klar fühlte sie sich etwas naiv, dass sie ihm nach einer Woche so vertraute, aber sei’s drum – sie hat das schon unter Kontrolle.

Währenddessen wurde die Leiche von ihren Kollegen untersucht. Die zwei Frauen von heute Nacht hatten Blut gesehen, traten in die Gasse, erblickten einen Schuh und als sie weiter gingen fanden sie die Leiche. Valerie und Gabriel waren am Tatort.

„Soll ich sie anrufen?“, fragte Valerie.

„Nein sie ist mit ihrem Kerl, gönnen wir es ihr.“, Gabriel wollte sich wieder dem Gespräch mit dem zuständigen Polizisten widmen, „Wir kommen schon klar.“, er deutete ihr zu gehen.

„Aber… Kommissar Carnot es handelt sich offensichtlich um einen Mord – wir haben noch eine Vermisste in der Gegend, auch eine junge Frau – vielleicht gehört das zusammen.“

„Valerie, sie wird um zwei Uhr ins Revier kommen, dann kannst du all deine verrückten Theorien mit ihr besprechen.“, er schaute sie genervt an.

„Also glauben sie nicht, dass die Vermisste und die Tote zusammengehören? Die beiden Verbrechen geschahen innerhalb einer Woche – das kann doch kein Zufall sein?“

„Und was, wenn die Vermisste morgen wieder auftaucht?“, er räusperte sich.

„Und was, wenn wir morgen ihre Leiche finden?“, Valerie zog eine Braue hoch. Gabriel verdrehte die Augen: „Alles ist möglich Sherlock.“

„Die Frage ist: was Wahrscheinlicher ist, Watson.“, sie lächelte und ging schnell wieder an die Arbeit, bevor er noch was sagen konnte.

„Was haben wir Annette?“, fragte Valerie eine Mitarbeiterin der Forensik.

„Wir haben eine Menge Spuren: DNA, Fußspuren im Blut und da hinten Reifenspuren.“

„Fehlt ja nur noch ein Foto von ihm an der Wand, wo drunter steht ‚Hey ich war’s.‘“

„Du sagst des Val‘. Ich schicke es gleich im Labor durch die Datenbank.“

„Ausgezeichnet, Annette.“

„Adam… ich muss jetzt gehen. Die Arbeit ruft: Valerie hat schon dreimal angerufen – die blöde Nuss.“, sie küsste ihn auf die noch geschlossenen Augen. Er packte sie an der Taille und zog sie noch mal runter zu sich und umschlang sie fest in seinen Armen.

„Du gehst nirgendwo hin!“, flüsterte er in ihr Ohr.

„Ich muss Adam! Es geht um Leben und Tod – das weißt du doch.“

Er scheuftze theatralisch: „Na gut aber nur, wenn du heute ein Leben rettest.“

„Ich gebe mein bestes.“, sie küsste ihn abermals ganz fest auf den Mund.

Olimpia rief Valerie von unterwegs zurück: „Was gibt es denn so wichtiges?“

„Dir auch einen guten Morgen Kommissarin Wolf.“

„Wenn du mich an meinem freien Vormittag dreimal anrufst ist er nicht mehr gut.“

„Bist du echt sauer? Hättest ja auch Lautlos stellen können.“

„Hätte, hätte … komm zur Sache!“, sie fuhr über eine gelbrote Ampel.

„Urlaub scheint dich nur aggressiv zu machen.“

„Valerie!“, sie schnaubte.

„Okay okay big sorry. Also heute Morgen wurde eine Leiche gefunden…“

„Maria Fischer?“, Limpa machte große Augen.

„Nein, nein jemand anderes, aber wieder eine junge Frau und der Tatort ist nicht weit von wo aus schon die erste Vermisste verschwunden ist. Ich habe das Gefühl die gehören zusammen.“

„Das mit dem sechsten Sinn ist meine Aufgabe.“

„So viel Zauberkraft färbt ab.“, sie merkte wie Olimpia sich entspannte.

„Warum nicht auch auf Gabriel? Der reitet sich andauernd in die Scheiße.“, sie grinste.

„Der ist immun dagegen.“, beide lachten laut.

„Sonst noch was Val‘?“

„Ja allerdings – DNA, Fuß- und Reifenspuren wurden gefunden.“

„Ach was! Da war er aber gar nicht vorsichtig.“

„Ich glaube er wurde gestört und ist abgehauen.“

Gabriel kam wieder ins Büro: „Ist sie dran?“

Valerie nickte. Er streckte die Hand nach dem Hörer aus: „Limpa, hey Gabi hier. Komm schnell Valerie macht mich fertig – ihr sechster Sinn ist noch nerviger als deiner. Und es war nicht meine Idee dich anzurufen.“

„Gabi du hast echt keine Ahnung.“, Valerie und Olimpia lachten, „Ich bin ja schon unterwegs.“

Er kratzte sich am Kopf, schaute verwirrt zu Valerie, die nur mit den Schultern zuckte und hämisch grinste, und ging wieder an seinen Schreibtisch.

Nachdem Kommissarin Wolf den Bericht zum Mordopfer durchgelesen hatte – war sie sich mit Valerie einig – Maria Fischer und die jetzt identifizierte Leiche: Saskia Klein gehörten zusammen.

„Wir müssen die erste Leiche finden! Vielleicht sind da auch Beweise dran, vielleicht arbeitet er einfach nicht sauber und es ist eine Schande, wenn wir ihn nicht finden und er weiter sein Unwesen treibt. An die Arbeit!“, verkündete Olimpia am nächsten Morgen bei der täglichen Besprechung.

Zeit verging, es wurde immer härter gearbeitet, jedoch verschwanden immer mehr junge Frauen in Köln – ohne das eine Leiche gefunden wurde. Sein Radius vergrößerte sich nicht – er fühlte sich im Zentrum von Köln anscheinend am wohlsten, er hatte anscheinend keine Angst entdeckt zu werden, er arbeitete direkt unter ihrer Nase und keiner konnte ihn schnappen. Es wurde Verstärkung aus Leverkusen und Bonn hinzugezogen, mittlerweile waren sieben Frauen verschwunden. Limpa war genervt – mehr als ein Monat lang arbeitete sie schon an dem Fall und zwar hatten sie beim zweiten Opfer Spuren gefunden, aber damit konnten sie absolut nichts anfangen. – Danach fanden sie nicht eine einzige Hautschuppe vom Täter. Wie stellte er das bloß an? Sie wussten nicht mal nach welchem Prinzip er seine Frauen wählte – wenn es überhaupt eins gab, sie wussten nicht ob es ein Motiv – außer Wahnsinn gab. Sie hofften so sehr, dass er ein üblicher Serienkiller war der eigentlich nur Aufmerksamkeit wollte, eigentlich nur geschnappt werden wollte und vielleicht sogar mit der Polizei spielte und Spuren versteckte – extra für sie. Gabriel sagte immer wieder: „Ihr habt alle zu viele Hollywoodfilme geguckt.“

Sie wussten gar nichts mehr – kurz überlegten sie, dass die Vermissten und die Leiche gar nicht zusammen gehörten und dass die Vermissten generell alle nicht zusammengehören und sie noch mal von null anfangen müssten, aber diese mitternächtliche Idee verwarfen sie schnell wieder.

„Eva was hast du denn? Ohh diese Verspannungen – gar nicht gut.“, sagte Adam beim Massieren, kurz nachdem Limpa von der Arbeit kam.

„Die anderen gehen heute noch was trinken – ich habe gesagt ich komme auch. Willst du nicht mitkommen?“

„Weich nicht meiner Frage aus.“, er massierte stärker.

„Du weißt doch ich darf nicht über meine Arbeit mit dir reden.“

„Die Vermissten? Das steht doch in jeder Zeitung.“

„Ja die Vermissten und mehr als in der Zeitung steht darf ich nicht sagen… und mehr haben wir auch gar nicht.“, nuschelte sie.

„Entspann dich ein Wochenende.“, er trat vor sie, „Sag die blöde Kneipe ab, bleib hier!“, er hockte sich hin und küsste ihren Hals.

Sie schloss die Augen: „Du hast recht. Wir sind alle so fertig wegen der Sache.“

Adam stand auf, ging mit einem Lächeln in die Küche und holte eine Flasche Wein.

„Du siehst so zufrieden aus?“, sie stand auf.

„Ich bin froh, dass du bleibst.“, er reichte ihr ein Glas.

Nächstes Kapitel