preloder

leere becher und schnaps_final

 

Was von gestern Nacht noch übrig ist, sind die leeren Plastikbecher und der Schnaps.

Die Sonne schien bis um Mitternacht.

Die Hitze brachte uns Energie

und ließ uns nicht aufhören zu lachen. Wir standen zu zweit auf der unbefahrenen, zugeparkten Straße, jeder mit einem Becher in der einen und einer Kippe in der anderen Hand.

Alte Zeiten und die Zukunft waren die Themen.

Die Straßenlaterne flackerte.

Als die Nacht endlich dunkel wurde, schien sie uns unendlich zu sein, wir fühlten uns unsterblich. Nichts schien in greifbarer Nähe zu sein, so als wären wir die einzigen Menschen auf dieser Welt.

Die Sterne erleuchteten uns und unsere Umwelt, außer unserem Lachen war nichts mehr relevant.

Es war der Höhepunkt dieser Nacht. Wir holten uns Red Bull im Kiosk, um noch höher zu fliegen.

Hierauf kam der tiefe Fall ins Bodenlose. Das Gespräch wurde ernster, die Flasche leerte sich schneller.

Mit der Zeit wurden wir stiller

und die Nacht wurde wieder heller. Die Blumen in den Beeten hoben ihre Köpfe

und die Fußgänger, die die Fahrbahn an den Fahrbahnübergängen überqueren wollten

drückten munter die Ampelknöpfe. Bus und Bahn fuhren regelmäßiger an uns vorbei.

Wir blickten zuerst um uns, dann uns an, tief in die betrunkenen Augen

und gingen jeder wieder in seine Richtung.

Und übrig geblieben von dieser einmaligen Nacht sind nur die Becher und der Schnaps.

 

 

Teil 2

Die Sonne spiegelte sich im Fluss.

Ein leuchtend gelbblauer Mosaikteppich wiegte seicht hin und her.

Der Straßenreinigungswagen fuhr entlang am Straßenrand und nahm die Becher und die leeren Flaschen.

Nun erinnert nichts mehr an uns,

dass wir einst hier gewesen sind.

An unsere Gespräche,

an unseren alkoholdurchtränkten Atem,

an unsere roten, müden Augen.

Der Tag ist angebrochen und das Wir ist verschwunden.

Die Sonne lässt unsere Gespräche verdampfen.

Zwischendurch verschwand sie hinter den weißen Wolken, nur um danach wieder zukommen und durch die Jalousie direkt in unsere Schlafzimmer zu strahlen.

Der Alltag der Großstadt begann und wir lagen im Bett weit weg von der Realität, träumten von allem was möglich und unmöglich ist.

Vielleicht lagen wir gerade ja auch wach, an die Decke starrend da und erinnerten uns an gestern.

Vielleicht lagen wir auch gerade mit dem Bauch nach unten und Tränen liefen die Wange runter, im Versuch die gestrige Nacht zu verdrängen.

Vielleicht schliefen wir ja auch nur, ohne zu träumen.

Ich weiß nicht was du tust – ich sitze im Schneidersitz und überlege was du so machst.

 

Teil 3

Es fühlte sich wie ein Sequel an. Ein unerwartetes und unverhofftes Sequel, welches niemand sehen wollte. Drei Monate nach unserer magischen Nacht standest du vor meiner Wohnung.

Während diesen drei Monaten – stille.

Funkstille.

Funkstille nach hundert Anrufen von mir.

Ich überlegte, was du wollen könntest, während ich dich durch den Türspion beobachtete. Geld, Trost, Hilfe, Sex, ein Bett zum Schlafen. Vielleicht wolltest du mich ausnutzen, vielleicht wolltest du mir deine Liebe gestehen.

Durch die geschlossene Tür fragte ich dich.

Du wolltest, dass ich sie öffnete.

Und ich öffnete.

Und wir sahen uns gefühlte Ewigkeiten an. Du kamst ein Schritt näher. Ich wich zurück.

Ich wollte zu dir, waren deine ersten Worte.

Du wolltest zu mir, waren meine ersten Worte.

Hinter deinem Rücken holtest du eine Flasche Schnaps, zwei durchsichtige Plastikbecher und eine Schachtel Marlboro hervor.

Du wolltest eine Nacht wiederholen, die einmalig war, die magisch war, die unwiederholbar war.

Ein Nachbar kam das Treppenhaus runter und grüßte.

Du drehtest dich um und sagtest, komm mit.

Sollte ich mitkommen?

Bin ich mitgekommen?

Du drehtest dich um, reichtest mir die Hand und deutetest mir mitzukommen. Ich ging torkelnd die Treppen im Schachbrettmuster runter und hielt mich am weißen Holzgeländer.

Die kalte Luft erschlug mich. Du bliebst wieder stehen und blicktest mir direkt in die Augen. Ich sah dich nur vernebelt.

Kommst du?

Ein Bus fuhr durch die Pfütze vor meiner Tür.

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