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zwischendurch 2020

Ich dachte, ich würde dieses Jahr keinen Jahresrückblick schreiben, weil 2020 für uns alle schrecklich war. Doch gerade las ich wieder meine alten Beiträge zu diesem Anlass und musste teilweise schmunzeln, über meine Naivität und wie richtig ist dennoch war sich für 2020 nichts vorzunehmen. Es ist zwar noch lange nicht Zeit für jahresrückblicke (es ist der 31. August), aber 2020 hat sich jetzt schon so angefühlt wie 2 Jahre. Diesen Beitrag werde ich also wahrscheinlich ab und zu bis Jahresende ergänzen.

Was kann ich sagen was alles zusammenfasst und irgendwie schlau klingen und positiv stimmen? Ich will gar nicht erst versuchen global zu reflektieren – jeder einzelne war persönlich und ist noch von Covid betroffen – und darüber hinaus sind noch so viele weitere schreckliche, wichtige Dinge passiert. Zum Glück bin ich kein Fernsehjahresrückblick, um den Weltschmerz auf den Punkt zu bringen, hier geht es um einen eigenen ich-bezogenen Rückblick. Schön war es nicht, so viel sei gesagt. Auch wenn die Zeiten in meinem persönlichen Umfeld sehr schwierig sind, nehme ich mir dennoch Zeit für mich, um Kraft zu tanken und in kein Loch zu fallen und dadurch geht es bei mir wie in einer Achterbahn hoch und runter. Berg und Talfahrt, sag ich immer. Und letztens habe ich gesagt „Das Leben ist gar nicht schön wir sagen das nur damit es erträglicher wird“. Vor 2 Jahren habe ich noch durchgehend zu jedem gesagt „Leben ist schön“. Heute stehe ich relativ allein da – war ich damals auch schon, aber habe mir nie Gedanken darüber gemacht, ob die Freunde, die ich hatte, auch wirklich welche waren und das hat sich mir dieses Jahr offenbart. Ich will niemandem Vorwürfe machen. Niemand außer mir ist schuld daran, dass ich einsam bin. Ich habe mich darauf verlassen, dass die Leute, mit denen ich mich umgeben habe, meine Freunde waren, vielleicht war das temporär sogar so, aber wahre Freundschaften sind nicht temporär. Aber ich war schon immer gerne alleine und bin am besten alleine klar gekommen. Ich habe mir früher nie Gedanken darüber gemacht, aber rückblickend kann ich sagen, ich weiß nicht wie sich wahre Freundschaft anfühlt.

 

Ich hetze mich auch nicht – bei gar nichts – eine weitere Eigenschaft, die ich sehr schätze, auch wenn das Leben kurz ist, will ich mich nicht fertig machen, wenn es nicht sofort klappt und wenn es auch etwas länger dauert. 2020 war echt eine holprige Fahrt. An manchen Tagen konnte ich absolut nichts finden wofür ich dankbar sein konnte. Es fiel mir so schwer für kleines dankbar zu sein, wenn alles um dich herum einzustürzen droht und an manchen Tagen war ich für eine kleine Seifenblase dankbar, welche ich vom Balkon aus sehen konnte. Auf und ab. Ich habe viele Dinge langsam gemacht und mir in dieser verrückten Zeit viel Zeit genommen nichts zu tun. Gerne wäre ich in dieser freien Zeit kreativer gewesen, hätte gerne mehr geschrieben oder gemalt, aber alles was mir einfiel, worüber ich schreiben hätte können, wäre traurig gewesen und hätte mich trauriger gemacht als ich eh schon war. Also ließ ich es sein. Und meistens hatte ich auch gar nicht die Kraft etwas zu Papier zu bringen. So gönnte ich mir Tage und Wochen des Nichtstuns und kam entspannt zurück. Aktuell wird es jeden Tag besser, manche Gedanken lassen mich noch nicht los und an manchen Personen hänge ich auch noch fest, aber auch das werde ich mit der Zeit überwinden und alles schaffen was ich mir vorgenommen habe. In diesem Sinne…

 

09.09.  Gerade versank ich in einer mehrstündigen Spirale aus Youtube-Reportagen über Tilidin, den Abou-Chaker-Bushido-Beef, Chatschreiber auf Datingseiten, moderne Schneeballsysteme, Kriegsjournalismus und Krieg allgemein, Kinderarbeit und ich weiß dieser kleine, unbedeutende Jahresrückblick sollte kein globaler sein, aber verdammt nochmal auf dieser Welt geht es nicht um mich. Es ist so unendlich viel Leid überall auf dieser Welt. Woher kommt das ganze böse? So viel, dass man sich so unfassbar unbedeutend fühlt, einfach nicht weiß wo man anfangen soll, man will plötzlich helfen, weil man sich schlecht fühlt, wegen dem was man alles hat. Man fühlt sich so hilflos, weil man nichts beitragen kann, beziehungsweise nicht weiß wie und man am liebsten alles verbessern würde.

Als ich die Reportage über Kriegsjournalismus gesehen habe, standen mir die Tränen in den Augen, so schrecklich was passiert auf dieser Welt. Und ich kann hier sitzen in meinem warmen Zuhause mit Strom und Wasser und Internet und alles und mir den Kopf darüber zerbrechen und gleichzeitig sterben Leute. Leute werden um ihr Geld betrogen, Leute werden auf Kosten ihrer Gefühle belogen, Journalisten sterben im Krieg. Es war keine gute Idee mir all diese Dokus an einem Abend rein zu pfeifen und es hat mich schon mein ganzes Leben lang beschäftigt (auch wenn es sich klischeemäßig anhört) –  warum es Ungerechtigkeit auf der Welt gibt? Warum nicht alle in Frieden und gerecht Leben können? Nennt mich naiv Leute, aber ich habe es noch nie akzeptiert, dieses – es muss Krieg/Leid geben, damit es anderen gut geht – Bullshit. Ich glaube nicht daran. Das ist nicht, das kann nicht die Lösung sein, weil wenn das die Lösung ist, dass es Krieg, Armut, Ausbeutung Monopole und Lobbyismus geben muss, damit es ein paar Leuten gut geht, dann ist das Leben nicht schön.

 

Ich verstehe sehr gut, dass die Realität sehr viel komplizierter ist – welche Gründe und Ursachen es jeweils gibt et cetera und dass es sehr gute, wunderbare Leute gibt, die sich einsetzen, was Unternehmen und nicht nur wie ich geschwollen, naiv, pathetisch und vom Weltschmerz gequält darüber schreiben (aber was anderes kann ich nicht). Und trotzdem frage ich mich, warum gibt es so viel Leid. Warum gibt es das – und ich sage das jetzt so salopp – so viele böse Menschen? Wo kommt das alles her? In der Schule hielt ich mal ein Referat in Philosophie über die Frage was Gut und Böse ist und ob der Mensch von Natur aus gut oder böse ist. und wie so oft in der Philosophie hatte das Referat am Ende keine klare Antwort. Damals war das für mich halt ein interessantes Thema für ein Philo-Referat und heute beschäftigt es mich in meinem alltäglichen Gedanken. Mir ist klar, dass das total kindisch ist rumzuheulen und sich über die Ungerechtigkeit auf dem Planeten zu beschweren. Schlaue Mindset-Leute würden jetzt sagen, sei noch dankbarer für deine Privilegien – Bullshit. Wie soll ich dankbar sein und mir jedem Tag den Bauch vollschlagen, wenn Leute vor Hunger umkommen? – Und doch haben sie recht.

Und ich sage trotzdem nach dem ganzen pathetischen Bullshit, den ich euch erzählt habe, macht euch wenigstens ein einziges Mal wirklich – wirklich bewusst, so richtig wirklich bewusst, in welchem Privileg ihr lebt (ja nicht alles ist rosig, jeder hat Probleme, I know, nicht allen gehts gut, aber allein, dass hier in Deutschland kein Krieg herrscht reicht). Guckt euch Sachen über den Krieg an, guckt euch mal wirklich Bilder an, spürt den Schmerz, es soll sich schrecklich anfühlen. Und wenn ihr euch euer Position bewusst seid, dann seid dankbar (das gilt für mich übrigens auch) seid verfickt nochmal dankbar dafür und vielleicht bewegt es den ein oder anderen dazu irgendwas zu tun oder auch nur anders zu denken.

So unendlich viel Leid auf dieser Welt – einfach schon so – deswegen vermeidet jeden zusätzlichen Hass. Seid nett zueinander. Und ich kann es nicht oft genug sagen: liebt euch. all you need is love. love is all you need. make love not war. Ich weiß, dass es so unendlich platt ist und oft gesagt worden, aber es ist das wahrste auf der Welt. Und das ist meine Message love is the answer.

 

03.10. Habe ich nicht gesagt, ich will nicht über den Weltschmerz reden, weil das zu viel ist? Ja, ich halte mich auch nicht immer daran was ich sage. Ich höre jetzt auf wie eine dramatische Rednerin zu klingen und besinne mich. Das ist wahrscheinlich der längste Jahresrückblick, den ich bis jetzt geschrieben habe, auch von der Zeit her. Ich habe schon Ende August angefangen und immer noch ist dieses Jahr nicht vorbei. Ich habe letztens die Doku ‚the social dilemma‘ angesehen und war so davon eingenommen, wollte gleich noch was hinzufügen, aber dann besann ich mich wieder. Genug Appelle an die Gesellschaft. Vielleicht füge ich noch einen kleinen Gruß kurz vor Neujahr hinzu, aber das wars mit meinem Jahresrückblick. Ich bleibe dabei und ich wiederhole es gerne auch noch tausendmal love ist he answer. Liebt euch selbst und gegenseitig. Be kind. Wünsche euch ein frohes neues Jahr.

 

28.12.20 Sich das alles jetzt nochmal durchzulesen, nach all der Zeit – ist wild. Dieser Jahresrückblick war, wie mein Jahr, ein ständiges auf und ab. Momentan bin ich in einem Zustand mhm, man würde heutzutage lost sagen. Ich bin lost. Ich weiß nicht wie ich mich fühlen soll. Ich weiß nicht was die Zukunft bringt. Ich versuche einfach zu funktionieren. Deswegen sage ich euch wieder, seid dankbar und diesmal seid dankbar für eure Gesundheit. Vielleicht hör ich mich an wie eine alte Frau, aber dieses Jahr habe ich gelernt Gesundheit ist das wichtigste. Seid dankbar dafür, wenn ihr gesund seid und wenn eure Liebsten gesund sind. Wenn das gegeben ist, dann kann man alles andere schaffen. Krankheit ist das schlimmste was Menschen passieren kann. Das raubt uns alle Kräfte – den Kranken und den Angehörigen. Wahrscheinlich kann man das nicht nachvollziehen; über was ich spreche; wenn man Krankheit nicht selbst erlebt hat oder Angehöriger war; weil das so ein schreckliches, Leben zehrendes, zeitraubendes Unterfangen ist.

 

 

Tief einatmen und ausatmen. Ich besinne mich jetzt erneut. Komme zu einem Ende. Ich werde euch nix wünschen und mir wünsche ich auch nichts mehr.  Am 01.01.2021 wird nichts Neues passieren, es wird so weitergehen wie an dem Tag davor.

Es gibt Dinge, die wir selber beeinflussen können und das ist großartig. Diesen Dingen sollten wir positiv entgegentreten und an diesen Dingen sollten wir arbeiten, denn diese Dinge liegen eben offensichtlich in unseren Händen. Und es gibt Dinge im Leben, die können wir nicht verändern, die stürzen über uns ein und wir müssen diese akzeptieren und auf diese Dinge sollten wir uns nicht konzentrieren.

 

Eure Emi <3

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