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Ein Goldschmied

Ein Goldschmied, in einer kleinen Stadt, vor langer Zeit, schmiedete ein Schmuckstück. Es war ein sonniger Tag und die Werkstatt im Keller, wo durch die bunten Fenster das Sonnenlicht direkt auf das Schmuckstück traf und so erstrahlte die dunkle, vollgestopfte Werkstatt, sie leuchtete und funkelte, so als würde die Sonne tief stehen und durch einen kahlen Wald scheinen. Der Goldschmied betrachtete sein fertiges Werk im Licht und war zufrieden, denn dieses Schmuckstück hat ihm am meisten Kummer bereitet aber es hat auch großen Spaß gemacht es herzustellen.
Eigentlich war das Schmuckstück ein Auftrag von einem neuen Kunden, der gerade hergezogen war und seiner Frau zum Hochzeitstag eine Überraschung machen wollte. Er beauftragte den Schmied einen Anhänger für eine Kette zu machen und der Anhänger sollte besonders sein, nichts was es schon vorher gab, es sollte das Schönste werden was der Schmied je gemacht hatte. – So der Auftrag vom Kunden, – der die Kosten nicht scheute. Und der Schmied nahm den Auftrag wörtlich und mühte sich Tag und Nacht seit einer Woche ab, als der Kunde persönlich kam um den Auftrag zu stornieren. Der Goldschmied war natürlich empört – so viel Arbeit umsonst, er fragte nach dem Grund für den Rückzug des Kundens. Der antwortete, dass seine Frau verstorben ist. Der Schmied war sehr traurig über den Verlust des Mannes und konnte verstehen, dass er das Schmuckstück nicht mehr wollte. Nach dieser Neuigkeit brauchte der Goldschmied etwas Zeit, aber er gab das Schmuckstück nicht auf, sondern wollte es unbedingt fertigmachen um wenigstens jemand anderem eine kleine Freude damit zu bereiten. Der Goldschmied platzierte den Anhänger mit einer wunderschönen Kette auf einem schwarzen Samtständer im Schaufenster.
Die Jahre vergingen und niemand kaufte den Anhänger, aber nicht, weil er nicht schön war, nein ganz im Gegenteil die Leute waren ganz angetan von dem Teil. Man wollte den Anhänger sogar im Museum ausstellen bei einem Wettbewerb, aber der Schmied wollte das nicht. Der Grund warum niemand den Anhänger kaufen wollte, war auch nicht der Preis, der Schmied hat den schon vor langer Zeit weit unter dem Warenwert gesetzt. – Der Grund war, in dieser kleinen Stadt wussten alle unter welchen Umständen der Anhänger entstanden ist, und niemand traute sich etwas Fremdes oder besser gesagt, etwas für jemand anderen bestimmtes zu kaufen, sie meinten alle, sie würden sich fühlen als würden sie einen Raub begehen. Der Schmied konnte nicht verstehen, dass man so etwas offensichtlich Schönes wegen einem so abergläubigen Grund nicht kaufen wollte.
Immer mehr Zeit verging und die Geschichte wurde vergessen. Der Goldschmied war nun alt und grau geworden und würde seinen Laden bald schließen und in den Ruhestand gehen. An einem gewöhnlichen Herbsttag, in der Gegenwart, kam ein junges Paar in den Laden und man sah direkt, dass sie nicht von hier waren – alles wollten sie fotografieren und alles wollten sie haben. Dann entdeckte die junge Frau den Anhänger und war begeistert. Der Schmied und die Frau kamen ins Gespräch: „Was verschlägt so ein schönes und junges Pärchen wie euch in unser altes, verschlafenes Städtchen?“
„Wir sind frisch hergezogen. Mein Vater ist kürzlich gestorben und hat uns sein altes Haus vererbt, wo ich geboren wurde. Er hat es all die Jahre nicht verkauft, was ich nicht verstehe.“
„Oh kannte ich ihre Eltern?“
„Ich glaube nicht. Mein Vater ist ziemlich schnell mit mir hier weggezogen und meine Mutter ist schon bei der Geburt gestorben.“
„Gestorben?“, der Schmied wurde bleich und richtete die Augen auf den Anhänger in ihrer Hand.
„Ja. Wieso? Kannten sie meine Mutter doch?“, er stolperte nach hinten, „Geht es ihnen nicht gut?“
„Entschuldigung, wie alt sind sie?“
Sie schaute verwirrt: „Einundzwanzig.“
„Sie sind es wirklich.“
„Was reden sie da?“
„Sie haben im Sommer Geburtstag nicht wahr?“
„Ja aber woher wissen sie das?“
„Dritter Juli.“
„Woher zum Teufel wissen sie das?“
Er starrte auf den Anhänger.
„Antworten sie! Kannten sie meine Mutter?“
„Nein aber ihren Vater.“, mittlerweile hatte sich der Goldschmied gesetzt.
„Und woher?“
„Den Anhänger den sie in den Händen halten hat ihr Vater für ihre Mutter anfertigen lassen.“, er ließ ihr Zeit um den Satz zu verstehen, sie blickte ihn mit großen, glasigen Augen an, „Bevor ich fertig war ist sie leider gestorben und ihr seid weggezogen. Ich habe das Stück aber noch zu ende gemacht, es ist wirklich das Schönste was ich je gemacht habe, bloß wollte es niemand kaufen. Ich dachte schon, dass es verflucht war, doch es musste genau so kommen, dass sie den Anhänger bekommen.“
Es war schon dunkel aber sie saßen immer noch in der Werkstatt unten und redeten. Keiner konnte glauben was gerade passiert ist und keiner glaubte an einen Zufall. Blätter flogen über die Straße, ein Ast schlug gegen das Fenster, der Wind heulte, es blitze und fing an zu regnen.

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