preloder

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Ne blaumachen war natürlich keine Option, als vorbildliche Angestellte habe ich mich gestern Abend natürlich auf diese scheiß Präsentation vorbereitet und sie auch heute morgens mit Bravur hinter mich gebracht. Jedenfalls nach einem halbwegs produktiven Arbeitstag saß ich schließlich nach Feierabend noch vor dem Bürokomplex auf einer netten Bank unter einem Baum und aß mein Abendbrot. Die Präsentation verlief optimal, ja ehrlich ich mein ich habe das Projekt erarbeitet wieso sollte ich das nicht hinkriegen? Das Schlimmste war heute eigentlich nur, dass alle zu mir kamen und fragten wo ich den gestern war. Diese neugierigen Mistkäfer! Der Chef konnte sich anscheinend auch keine plausible Ausrede einfallen lassen…. blieb dann wieder mir überlassen. Und danach durfte ich mir jedes Mal anhören wie froh sie doch sind, dass ich wieder da bin und es nichts Ernstes war…. diese Heuchler. Und diese schmierigen Typen die meine Idee vielleicht kaufen wollten heute beim Meeting- ekelhaft. Hätte ich einen Rock statt ner‘ Hose angehabt wäre denen allen Sabber aus den Mundwinkeln getropft…. wirklich interessiert an der Sache waren sie aber echt nicht…. wahrscheinlich wird das nichts, aber erstmal wollen die natürlich noch meinen Chef und mich auf ein Geschäftsessen einladen sie müssen ja mit ihm alle Einzelheiten besprechen, ich bin ja nur das weibliche Helferlein und nach dem Essen sagen sie ihm dann aber wenigstens persönlich, dass sie zu geizig für so ein geiles Projekt sind. Ja …ja… immer dasselbe hier…. kein Wunder, dass ich anfange zu trinken und mit dreißig noch Single bin ich ja auch nur, weil die Boys in ner‘ Großstadt nur eins wollen- nämlich vögeln. Wie findet man hier bitte jemanden zum Heiraten? – Auch, wenn die Auswahl so groß ist. Aber ne‘ Kleinstadt ist auch nicht besser- da hast du gar keine Auswahl. Naja vielleicht habe ich zu große Ansprüche und bin nicht für eine lange, glückliche und kinderreiche Ehe gedacht. Es gibt ja Leute die alleine bleiben- ist das dann traurig? Aber wenn sie doch glücklich sind? Ich fange schon wieder an Unsinn zu spinnen- das sollte ich echt lassen bei vollem Magen, da rede ich immer nur Quatsch. Wie angekündigt habe ich mir erstmal eine Woche Urlaub genommen, aber keinem was gesagt die hätten mich sonst echt nicht in Ruhe gelassen heute. Ich denke ein paar Tage muss ich echt wieder zu klarem Verstand kommen und danach kann man noch schauen ob ich die restlichen Tage noch weg fahre … Wellness oder so. Ich würde doch immer noch sehr gerne wissen was vorgestern passiert ist… Ich schnappte mir mein Handy und schaute nochmal durch die Anrufliste an dem Abend- der unbekannte Charmeur- die unbekannte Nummer- man kann es ja versuchen.
„Hallo?!“
„Hallo, hier ist Rita. Kann es sein, dass du der …. ehm Dings … der Brad Pitt aus der Bar bist? Nein Ben! Ja Ben aus der Bar von vorgestern?“
„Ja ich bin Ben.“
„Was ein Glück ich doch habe! Super Ben! Also ich will jetzt nichts Sexuelles von dir oder so… das war echt peinlich von mir. Ich wollte dich nur fragen… auch wenn sich das bekloppt anhört, was passiert ist als meine Freunde die Bar verlassen haben. Ich kann mich echt nicht erinnern und um es kurz zu fassen sind echt abgefuckte Sachen passiert.“
„Puuu da fragst du was… ich war auch ganz schön Hacke und wollte den Abend eigentlich so schnell wie möglich vergessen… was ich noch weiß ist, dass wir beide noch weiter getrunken haben.“
„So weit so gut…“
„Ja …. und dann … dann … ach ja dann musstest du plötzlich weg … ja genau es war schon dunkel und du wolltest noch wo hin und meintest, wenn ich Brad Pitt wäre soll ich dich bis nach zu Hause begleiten aber habe ich ehrlich gesagt leider nicht gemacht … ich wollte einfach nach Hause. So ja dann bist du ganz hektisch gegangen und das war’s.“
„Warum habe ich dann deine Nummer?“
„Weiß nicht… im Eifer des Gefechts müssen wir sie wohl ausgetauscht haben.“
„Mehr nicht?“
„Ne und warum willste das überhaupt wissen? Sind doch schon Tage vergangen.“
„Lange Geschichte. Danke dir aber Ben. Man sieht sich.“

Ich sollte echt aufgeben- das macht keinen Sinn mehr. Ich war fertig mit meinem Essen und langsam kam die Dämmerung und der Wind legte sich. Ich schaute mich um- keiner mehr bei uns auf dem Gelände. Manchmal blieb ich gerne hier nach Feierabend, dann kann es echt schön hier sein. Und hier draußen fühlt man sich dann doch nicht so ganz alleine wie zuhause. Ich will echt nicht nachhause… dann komm ich nur wieder auf dumme Gedanken und will wieder einen trinken- so langsam müsste doch meine Bar auch mal leer werden oder?

„Ach Brad ich muss jetzt echt gehen und wenn du mich nicht begleiten willst, dann versaure doch hier.“
„Endlich“, murmelte er.
„Was sagst du?“
„Nichts“
„Ja ich muss ganz dringend weg.“
„Ja dann mach’s mal gut Rita.“
„Ciao Ben.“
So ging ich also aus der Tür- mit einem genauem Plan, dass ich unbedingt noch zu Laura muss, weil sie ja nicht gekommen ist. So ging ich also schnurstracks nach Hause und stieg ins Auto als wäre nichts. Laura wohnte etwas außerhalb, sowie das Familieneltern eben so machen. Ein Wunder, dass sie überhaupt mit mir trinken geht- ab und zu. So führ ich also aus Köln raus und wollte zu Laura abbiegen- da traf es mich wie ein Schlag- im Radio lief ein Lied- das Lied. Warum mussten die unbedingt dieses scheiß Lied spielen? Ich erinnerte mich sofort an alles was ich vergessen wollte als ich trank- natürlich gab es einen Grund dafür, dass ich saufe wie ein Loch ohne Boden. Ich musste sofort anhalten, die Tränen stiegen mir in die Augen und ich sah nichts mehr. Ich hielt am Straßenrand, wo die Häuser nicht so nah aneinandergebaut wurden und so es noch einen Straßengraben gibt. Ich stolperte natürlich- es war stockfinster. Ich fiel und rollte runter in den Graben und heulte -heulte, weil es schon so weit gekommen ist, dass ich im Straßengraben liege und besoffen Auto fahre. Irgendwie ist einem ja schon nach Lachen zu Mute… ich meine ich liege heulend im Straßengraben- wie im Film- lächerlich und armselig. Ich war so sauer auf ihn, auf das Lied, auf mich, auf den Alkohol, auf alles. Wieso musste er mich sitzen lassen? Warum? Ich schrie die ganze Zeit seinen Namen und heulte und schrie durch die Nacht… schließlich schluchzte ich nur noch und sagte immer wieder ‚warum?‘ So ging das weiter bis ich am Erfrieren war. Ich rappelte mich auf und stieg wieder ins Auto. Ich war komplett aufgelöst und wusste echt nicht was ich machen sollte. Ich hatte tierische Kopfschmerzen und überall lag Erde. In meiner Handtasche entdeckte ich, dass ich noch zwei Klopfer dabei hatte die kippte ich schnell runter und fuhr weiter als wäre nie was passiert. Und fuhr anscheinend so selbstbewusst weiter, dass ich erst kurz vor Frankfurt bemerkte, dass mir total übel war und ich doch lieber mal anhalten sollte.
     Und den Rest kennt ihr ja schon… 

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