„Wie findest du es Tanja?“, fragte mich Mike, als wir beim Haus angekommen waren. „Ich lass es erstmal wirken. Lass es uns erst von innen sehen bevor wir urteilen.“
Mike schaute mich ganz aufmerksam an: „Geht es dir wirklich gut genug? Wir müssen das nicht machen. Ich weiß, dass das viele Leute für deine Verhältnisse sind.“
Ich lachte verkrampft: „Quatsch mir geht es gut.“
Mike atmete laut aus und räusperte sich, man merkte seine Anspannung. Wir gingen rein. Es waren wirklich viele Leute bei der Besichtigung, ich fing an flacher zu atmen. Wir gingen mit allen durchs Haus. Es war sehr schön aber nichts für Mike. Es sah zu normal aus. Er brauchte etwas Modernes. Als die grobe Führung vorbei war schlenderten wir zur Küche und wollten zur Terrasse. In der Küche stand er dann, ganz alleine, Jeans und blaues Hemd, schicke schwarze Schuhe, große silberne Uhr, locker fallende braune Haare, blaue Augen, ein Lächeln auf den Lippen. Unsere Blicke trafen sich direkt. Ich fühlte mich ganz komisch, drehte mich um, wobei mein Bruder hinter mir stand und ich ihn fast umgestoßen hätte. „Ey pass doch auf!“
Peinlich! Er grinste machte die Tür zur Terrasse auf und deutete mit der Hand ich sollte raus. Ich suchte die Augen meines Bruders aber er schubste mich einfach und ging aus der Küche nach links die Treppe hoch ins Obergeschoss.
Ich war so unsicher, was hat er bloß in mir gesehen? So dass er mich gar nicht gehen lassen wollte, dachte ich jetzt im Nachhinein.
„Ich bin Gabriel.“, er reichte mir die Hand.
„Tanja.“, ich wurde verlegen.
„Ja der wollte wohl nicht mit dir flirten.“, lachte er.
„Genau“, ich sammelte mich und versuchte lässig zu wirken, „bin anscheinend nicht sein Typ.“
„Tja jetzt habe ich die Chance dafür.“
„Ach ja? Gehst du oft auf Hausbesichtigungen um Weiber klar zu machen?“, ich bin cool redete ich mir ein.
„Ja schon… Clubs sind mir zu Mainstream und die richtig geilen Milfs gibt es eben nur hier. Und ab und zu trifft man auch ne geile junge Schnecke wie dich.“
Ich musste grinsen. Ich fühlte mich gleich wohl mit Gabriel und vergas alles um mich herum. Wir plauderten über belangloses Zeug. Er ist selbstständig und wollte eigentlich aus einem Haus ein schönes, gemütliches Bürogebäude für sich und seine Mitarbeiter machen. Auch mal ne Idee… Ich berichtete ihm im Gegenzug von meinem Saftladen. Auf Anhieb war er begeistert und meinte er würde mich auf jeden Fall besuchen.
„Ach übrigens, der Typ aus der Küche der nicht mit mir flirten wollte.“
„Ja was ist mit dem?“
„Der ist mein Bruder.“
„Oh Mist.“, abermals lachte er, wir verabschiedeten uns so kam bei der Besichtigung doch was Gutes raus.
„Und wie ist er so? Habt ihr euch gut verstanden?“, fragte Mike im Auto.
„Ja er ist ganz nett, auch selbstständig.“
„Du kriegst ja das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Süß. Genauso als du fünfzehn warst und dich voll in Jonas verknallt hast.“
„Mike hör auf!“, ich musste lachen, „Männer können mir gestohlen bleiben.“
Das Telefonat mit meinem Bruder war jetzt zwei Tage her. Mir ging es schon sehr viel besser. Ich habe ganz normal gearbeitet und freute mich auf morgen. Mittwochs hat der Laden nämlich immer zu. Meine Mitarbeiter waren heil froh mich munter und Witze machend wieder zu sehen. Ich schaute aus dem Fenster, schon wieder Regen. Wie lange soll das noch so weitergehen? Mist Wetter! Ich weiß nicht wieso aber beim Blick aus dem Laden musste ich mich erinnern wie ich Gabriel kennen gelernt habe. Wie er sich jetzt wohl fühlt? Was er jetzt wohl macht? Ich griff schon nach meinem Handy, packte es aber ruckartig weg, als wäre es giftig.
„Tanja kommst du?“, Mila entriss mich aus meinen Gedanken. Zuhause angekommen fing ein riesiges Gewitter an, sogar das Bild beim Fernseher verschwand. Eigentlich wollten wir ausgehen aber es war viel zu stürmisch. Stattdessen kochten wir was Leckeres und tranken eine Flasche Wein.
„Tanja, Gabriel hat sich bei mir gemeldet.“
Ich hielt inne.
„Ja ich weiß. Jedenfalls hat er gefragt ob er sich melden darf oder ob es noch zu früh ist. Wie süß ist der denn bitte?!“, Mila war ganz begeistert und plapperte weiter.
Ich nickte abwesend.
„Vielleicht ist es sogar gut sich mal wieder mit ihm zu treffen. Durch uns geht es dir ja auch viel besser.“
„Vielleicht hast du recht.“
„Du vermisst ihn schrecklich oder? Und du hast keine Ahnung wie du ihm gegenüber stehen sollst nach all dem?“
„Ja.“, ich hatte einen Kloß im Hals.
„Tanja ich weiß es ist schwer aber er liebt dich und wird dir alles liebend gerne verzeihen, glaub mir. Er hat gesagt er will dich einfach wieder so wie du warst, so wie du bist. Wir sind alle Menschen. Er versteht das.“
Ich saß hinten im Büro und machte die Buchhaltung als Gabriel reinkam. „Na wieder fleißig?“, er wollte mich umarmen und mir ein Kuss auf die Stirn geben, doch ich blockte ab.
„Gabriel! Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht herkommen sollst. Das ist meine Arbeit.“
„Aber ich vermisse dich und du willst ja nie mit mir aus.“
„Ich vermisse dich auch, wie verrückt aber ich kann einfach nicht. Wir können nicht zusammen sein.“
„Ja Mila meinte es geht dir schlechter, sie soll sogar ausziehen. Findest du das nicht übertrieben?“
„Das ist doch wohl meine Sache! Bitte las mich einfach in Ruhe. Das mit uns wird nie klappen, versteh es doch endlich.“
Er lachte: „Wen willst du hier eigentlich anlügen? Mich oder eher dich? Tanja mach es doch nicht unnötig schwer. Ich will dir doch helfen. Unter deinem ganzen Getue steckt ein ganz normaler Mensch, den ich liebe.“
„Welch Ironie: in dem Moment wo ich Schluss mache sagst du mir, dass du mich liebst.“
„Und welch Ironie das ist, dass du Schluss machst obwohl du das gleiche fühlst wie ich.“
Mit diesen Worten ging er und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.
Ein Gedanke zu „Es geht darum was du daraus machst – 5. Kapitel“