Ich schlenderte durch die Nacht, durch die Stadt, es war mehr als kalt und verdammt unbequem auf den hohen Schuhen doch trotzdem ging ich zu allen besonderen Plätzen in meinem Leben. Ich ging zum Laden wo ich arbeitete, es hat mir so gefehlt. Ich ging zur Uni, wo ich mein Jura Studium anfing und wegen dem Laden wieder schmiss. Ich ging zu meiner liebsten Boutique, mein halber Kleiderschrank ist von dort. Wann war ich das letzte Mal da? – Schon zu lange her. Ich ging zum Haus meiner Eltern, wo ich aufgewachsen bin. Ich ging zur Wohnung meines Bruders, also daran vorbei. Ich ging zum Park, wo ich die meiste Zeit mit meinen Freunden verbrachte. Ich ging in die Innenstadt, an allen Clubs und Bars vorbei, früher war ich jedes Wochenende betrunken hier auf und ab gehüpft zur Musik, die man noch aus den Clubs hören konnte. Manchmal bin ich gestolpert und gefallen Mila und die anderen haben mich immer ausgelacht und Eliajh hat mich dann immer wieder hochgehoben und ein Kuss auf die Stirn gegeben und gefragt ob ich lieber nachhause will. Ich rülpste, die Mädels jubelten und ich tanzte weiter. Gott, ich war so peinlich kein Wunder, dass er das Weite gesucht hat. Aber auf meinem Ausflug sah ich genug Mädels die genauso peinlich waren. Ein junger Mann kam schwankend auf mich zu: „Baby, Baby warte! Komm her!“. Ich schubste ihn weg, er fiel und lachte. „Was gibt es da noch zu lachen?“, murmelte ich vor mich hin. Ich lief ein paar Schritte, schaute nochmal hinter mich, atmete tief durch und ging wieder normal weiter. Die Innenstadt verlassend ging ich zur Spree. Ich setzte mich auf eine Bank und atmete die noch vom Regen feuchte Luft ganz tief in meine Lunge. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Die Stadt blinkte, leuchtete, pulsierte, lebte. Was tat ich die letzte Zeit? Genau das Gegenteil. Kurz bemitleidete ich mich selber aber dann wollte ich mich plötzlich fast selber schlagen, weil es ja in meiner Hand lag. Ich lachte den Kopf schüttelnd. Es hörte auf zu Regnen und die Vögel wurden wach. Die Sonne legte sich langsam über die Dächer und meine Augen wurden ganz schwer.
Ich fand mich auf einem riesigen Feld. Der Himmel grau. Wind bläst mich fast um. Ich stemme mich mit aller Kraft dagegen. Wende meinen Kopf zur Seite und sehe einen Drachen steigen. Ich strecke meinen Kopf höher um den Drachen besser sehen zu können, war wie im Rausch. Ich wehrte mich nicht mehr, wollte mich einfach fallen lassen, doch stattdessen bin ich einfach abgehoben. Ich flog genau wie der Drache. Und ich war auch nicht mehr auf dem Feld, sondern über der Stadt. Es war hell und ich konnte alle Leute sehen wie sie ihrer Arbeit nachgingen. Ich flog immer höher und kam rückwärts mit dem Hinterkopf im Wasser auf. Das Wasser zog mich immer weiter nach unten, oben sah ich noch die Stadt. Das Wasser war dunkel man konnte nichts sehen. Je tiefer ich sank, desto weniger Luft bekam ich. Ich strampelte wild mit Armen und Beinen aber ich sank immer weiter. Bis ich dann mit dem Rücken auf Asphalt landete. Ich spürte den Aufprall in jedem Knochen, hustete Wasser aus. Ich stand auf und sah nichts um mich herum außer die Straße und nichts als Einöde. Man konnte nichts am Horizont erkennen. Die Sonne knallte von oben. Das Licht stach in meine Augen und behinderte die Sicht. Ich versuchte der Straße zu folgen, doch kam immer wieder ab und ging immer neben ihr her. Meine Füße bluteten von den Steinen am Wegesrand, der Schweiß floss, wie ein Wasserfall an mir runter. Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr und konnte nur noch kriechen. Es wurde immer schwerer bis ich mich schließlich einfach hinlegte und die Augen schloss.
Die Vögel zwitscherten immer lauter, ich sprang von der Bank und hielt mich am Kopf der zu zerplatzen drohte. Was zur Hölle mache ich hier? Es war hell, die Sonne schien und auf dem Handy stand sieben Uhr. Ach du scheiße… Ich habe die ganze Nacht hier geschlafen. Ein Wunder, dass ich nicht beraubt wurde. Ich erinnerte mich an meinen Traum, ich fühlte mich so leicht, wie betäubt, mir war alles egal, so als wäre es selbstverständlich über Häuser zu fliegen. Warum habe ich solche Kopfschmerzen? Ich habe gestern nichts getrunken. – Also für meine Verhältnisse nichts. Ich fühlte mich so alleine, ich wollte nicht alleine sein. Ich rief Mila an und bat sie mich abzuholen. Sie war total verwirrt, als ich berichtete wo ich gelandet bin, aber sie kam sofort.